Was tun, wenn jemand nicht mehr atmet? "Mund zu Mund-Beatmung!" antwortet ein guter Teil aller Befragten spontan.

Foto: derStandard.at/tinsobin

"Das stimmt nur bedingt, denn das Wichtigste ist die Herzdruckmassage", weiß Ersthelfer Frido Schrott. "Durch sie wird das Gehirn mit Sauerstoff versorgt."

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Bevor wir uns den oben genannten Situationen widmen, setzen wir die Serie über Mythen der Lebensrettung mit grundlegenden Erste Hilfe-Maßnahmen fort.

Was tun, wenn jemand nicht mehr atmet? "Mund zu Mund-Beatmung", wird ein guter Teil der Befragten spontan antworten. "Stimmt nur bedingt, denn die Herzdruckmassage ist das Wichtigste", weiß Ersthelfer Frido Schrott, Lehrbeauftragter im Ausbildungszentrum des Wiener Roten Kreuzes. "Durch sie wird das Gehirn der Person mit Sauerstoff versorgt. Beatmen ohne vorhergehende Herzdruckmassage würde beim sogenannten 'Herzversagen‘ ohne weiteren Effekt bleiben. Dass eine Person mit Herz-Kreislauf-Stillstand nach ein paar Beatmungen aufspringt und 'geheilt‘ ist, ist Stoff von Filmen und Ärzteserien."

Die ersten Maßnahmen

"Bei einem Notfall ist es aber erst einmal das Wichtigste, hinzugehen", setzt Schrott voraus. "Also: Geht hin und sprecht die Person an! Falls sie nicht ansprechbar ist, erfolgt ein Hilferuf an die übrigen Anwesenden: nach der Rettung (144), nach einem Verbandskasten und einem Defibrillator. Dann kontrollieren wir: Atmet der Betroffene? Ja oder nein? Dafür legen wir unser Ohr knapp über Mund und Nase. Ist nach maximal zehn Sekunden eine eindeutige Atmung feststellbar, muss die Person mit überstrecktem Kopf in stabile Seitenlage gebracht werden. Ist keine Atmung feststellbar, müssen wir Herzdruckmassage und Mund zu Mund-Beatmung durchführen.

Es kann nichts passieren

Wenn jemand ohne Bewusstsein ist und nicht atmet, oder wir uns nicht sicher sind, ob er atmet, sofort mit der Herzdruckmassage beginnen und nicht mehr unterbrechen, bis professionelle Helfer übernehmen oder der Defibrillator die Anweisung gibt, zu pausieren.

Wenn Zweifel aufkommen, denkt dran: Es kann nichts passieren! Womit wir bei einem weiteren Mythos angelangt wären, der da lautet: 'Wenn wir beim normal funktionierenden Kreislauf und Herzschlag die Reanimation anwenden, können wir der betroffenen Person schweren Schaden zufügen oder das Herz sogar erst durch unsere Hilfeleistung 'aus dem Takt‘ bringen.' Das stimmt so nicht. Wenn Atem und Kreislauf bei der betroffenen Person so schwach sind, dass wir ihn nicht feststellen können, ist eine Reanimation die richtige Handlungsweise. Für das noch schlagende Herz besteht normalerweise keine Gefahr einer bleibenden Schädigung", weiß Schrott.

Angst vor Rippenbruch

Die größte Hürde bei der Durchführung einer Herzdruckmassage ist die Angst, dem Betroffenen Rippen zu brechen, die sich womöglich in die Lunge bohren und im schlimmsten Fall zum Ersticken führen.

"Wir streben den Rippenbruch natürlich nicht an, aber er kommt vor", sagt Frido Schrott und schildert die Konsequenzen: "Was bedeutet ein Rippenbruch für eine Person? Ein Monat lang unter Schmerzen lachen, niesen und husten. Was bedeutet die Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff? Den Tod, oder zumindest bleibende Schäden.

Dass Rippen brechen und die Lunge verletzen können, ist nicht das Problem, das der Betroffene gerade hat. Er wird nach der Reanimation im Krankenhaus versorgt. Natürlich kann es immer zu Komplikationen im Nachhinein kommen. Ziel der Ersten Hilfe ist aber, dass man den potenziellen Ersthelfern Handgriffe für die größtmögliche Überlebensmöglichkeit vermittelt und nicht Einzelfälle vor Augen führt, die es ohne Ende gibt", betont Schrott.

Sauerstoff für das Gehirn

Das grundsätzliche Ziel der Reanimation ist das Gehirn sowie alle weiteren Organe mit Sauerstoff zu versorgen. Durch die Herzdruckmassage wird das Blut durch den Körper transportiert, der Sauerstoff im Blut wird zum Gehirn transportiert. Durch die Mund zu Mund-Beatmung nimmt das Hämoglobin in unserem Blut den Sauerstoff auf. Die Sauerstoffsättigung beträgt normalerweise 97 bis 99 Prozent.

"Aus diesem Grund beginnen wir auch mit 30 Mal Herzdruckmassage, um das noch (!) sauerstoffreiche Blut im Kreislauf zum Zirkulieren zu bringen und die Organe – vor allem Hirn und Herz – mit dem lebenswichtigen Sauerstoff zu versorgen. Erst nach der Herzdruckmassage ist es notwendig, in Form von zwei Beatmungen das Blut wieder mit Sauerstoff anzureichern und damit die Wiederbelebung noch effektiver zu machen", erklärt Frido Schrott.

"Wir beatmen nicht, wenn wir einen Grund dazu haben, nicht zu beatmen. Es gibt Gründe, es nicht tun zu müssen: Wenn man kein Beatmungstuch hat oder sich ekelt", schließt der Sanitäter den zweiten Teil der Mythen der Lebensrettung. (Eva Tinsobin/derStandard.at)

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