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Peter Pilz will die Rolle des Züngleins an der Waage auskosten: Beim Euro-Rettungsschirm verlangt er alles oder nichts.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - "Wir sind in einer einmaligen Gunstlage, die wir schamlos ausnützen müssen": Peter Pilz freut sich über unverhoffte Macht in den eigenen Händen. Denn während üblicherweise die Opposition die Regierung mit Wünschen bombardiert, ist es diesmal umgekehrt: SPÖ und ÖVP wollen etwas von den Grünen, und zwar ein Ja zu heiklen Verfassungsgesetzen, die einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat bedürfen.

Gewichtigster Brocken ist der geplante europäische Stabilitätsmechanismus ESM, der ab 2013 Kredite kriselnder Euro-Staaten stützen soll. Die EU kann diesen Rettungsschirm aber nur aufspannen, wenn jedes einzelne Mitgliedsland zustimmt - und das hängt in Österreich wohl von den Grünen ab, zumal FPÖ und BZÖ a priori abwinken. Er hoffe auf sachliche Verhandlungen, hat Staatssekretär Andreas Schieder bereits via Ö1-Morgenjournal vorgefühlt.

"Da liegt ein Missverständnis vor", erwidert Pilz im Standard-Gespräch. "Wir haben weder mit Schieder noch mit Faymann oder Spindelegger etwas zu verhandeln." Entweder die Koalition erfülle die Bedingungen der Grünen, oder es gebe eben keine österreichische Ratifizierung des Rettungsschirmes, sagt der grüne Abgeordnete: "Das ist kein Verhandlungsangebot, das ist ein Ultimatum. Wenn die Regierung das als Erpressung auffasst, habe ich überhaupt nichts dagegen."

Kein Wühltisch für Mehrheit

Was Pilz kritisiert: In der geplanten Form würde der Rettungsschirm nicht nur die Begleichung von Staatsschulden absichern, sondern auch eine "hundertprozentige Garantie für die goldenen Nasen der Spekulanten" bringen, die hohe Risikoaufschläge ohne Risiko kassierten. Als Gegenrezept fordern die Grünen die Einführung von europäischen Staatsanleihen und ein geordnetes Insolvenzverfahren für Staaten, bei dem private Gläubiger verpflichtend zur Kasse gebeten werden. "Wir wollen die Regierung zwingen, die Chance gegen das Spekulantentum zu nützen", sagt Pilz. "Von unseren Forderungen rücken wir keinen Millimeter ab."

Ob die Grünen nicht unverantwortlich handeln, wenn wegen einer Alles-oder-nichts-Haltung am Ende gar kein Rettungsschirm zustande kommt? Pilz: "Wenn wir beschuldigt werden, die Rettung der Spekulanten behindert zu haben, halten wir das aus."

Die gleiche Unnachgiebigkeit verspricht der Grüne in einem zweiten Streitfall, bei dem oppositionelle Stimmen gefragt sind: der noch ausstehenden Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Auch hier stellt Pilz ein "Ultimatum": Die Grünen würden so lange "blockieren", bis die Regierung ein "klares Antikorruptionspaket" schnüre und die Einberufung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht verankere.

Letzteres haben die fünf Parlamentsparteien an sich bereits im Vorjahr grundsätzlich vereinbart. "Doch während wir unseren Teil des Vertrags eingehalten und seither vielen Verfassungsgesetzen zugestimmt haben, hat die SPÖ Wortbruch begangen", wettert Pilz. "Es gibt aber keinen Wühltisch für Verfassungsmehrheiten, wo man sich im Abverkauf die Zustimmung der Grünen holt." (Gerald John, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.7.2011)