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Reporter spionierten auch in den USA.

Foto: EPA/FACUNDO ARRIZABALAGA

Es war der Höhepunkt von Rupert Murdochs Höhenflug: 2007 übernahm er für fünf Milliarden Dollar mit dem Wall Street Journal das publizistische Flaggschiff der amerikanischen Geschäftswelt. Nun könnte der britische Abhörskandal die Talfahrt einleiten - auch in den USA. Eine Bürgerinitiative, die Citizens for Responsibility and Ethics in Washington (Crew), hat den Kongress bereits aufgerufen, Untersuchungen gegen Murdochs News Corporation einzuleiten. Die Abgeordneten sollen herausfinden, ob das stimmt, was ein New Yorker Polizist behauptet: dass Journalisten auch amerikanische Handys zu hacken versuchten.

Reporter der News of the World (NoW) sollen dem Ordnungshüter Schmiergeld versprochen haben, er sollte helfen, die Mailboxen von Hinterbliebenen der 9/11-Terroranschläge abzuhören. Unklar ist noch, ob es sich ausschließlich um britische Familien handelte oder auch um amerikanische. Jedenfalls sieht Melanie Sloan, die Direktorin von Crew, eine Lawine ins Rollen kommen.

Es werde immer klarer, dass sich die Affäre nicht auf ein paar "schurkische Reporter" beschränke, sondern auf höchster Ebene systematische Geschäftspolitik war, sagt die Juristin. "Wenn Murdochs Beschäftigte so dreist sein können, dass sie einen britischen Premierminister ins Visier nehmen, dann muss man annehmen, dass sie auch die Mailboxen amerikanischer Politiker hackten."

Carl Bernstein, der vor knapp 40 Jahren mit seinem Kollegen Bob Woodward den Watergate-Skandal aufdeckte, sieht Murdochs Imperium langsam zerbröseln. "Es bebt in seinem Reich, und niemand kann sagen, wann es aufhört. Wir erleben den Beginn eines seismischen Ereignisses."

In den Vereinigten Staaten betreibt Murdoch unter anderem das Wochenmagazin National Star, die schrille New York Post, die seriösere Chicago Sun-Times und den Fernsehsender Fox News, ein Sprachrohr der Republikaner. Mit seinem Kronjuwel, dem Wall Street Journal, wollte der Medienzar der New York Times Konkurrenz machen. Es sieht nicht aus, als werde das Konzept aufgehen.

Seit Montag wird Murdochs News Corporation von einem institutionellen Anleger verklagt. Die Amalgamated Bank in New York beschuldigt den Konzernvorstand, die Aufklärung des Abhörskandals jahrelang verschleppt zu haben, statt seinen Kontrollpflichten nachzukommen. Es sei unvorstellbar, dass Firmenkronprinz James Murdoch und der Aufsichtsrat nichts von den Machenschaften wussten.

Auch in Großbritannien droht Murdochs Konzern weiter Ungemach: Am Dienstag wurde bekannt, dass die Murdoch-Zeitungen Sunday Times und Sun die Krankenakte des schwerkranken Sohns von Expremierminister Gordon Brown ausspioniert haben sollen. Ein Beamter von Scotland Yard will klagen, weil seine Telefonate von Reportern abgehört worden sein sollen.

Das britische Parlament stimmt am Mittwoch über einen Appell der Labour-Party an Murdoch ab, er solle seinen Antrag auf Übernahme des Satellitensenders BSkyB zurückziehen. Die Übernahmefrage wurde auch an die EU-Wettbewerbs-Kommission überwiesen. (Frank Herrmann aus Washington, STANDARD-Printausgabe, 13.7.2011)