Spatzierer glaubt an das Prognosepotenzial von Laien.

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Der Meteorologe Manfred Spatzierer wagt eine Prognose - zur Zukunft der Wetterprognose selbst: "So wie's ausschaut, bewegen wir uns weg von der generalisierten Wettervorherschau - hin zu einer stärker individualisierten und situationsbedingten. Ein Winterdienst interessiert sich eben nicht für Temperaturen über fünf Grad Celsius."

Im Mai 2011 ist die Ubimet - der größte private Wetterdienst Österreichs, den Spatzierer 2004 gemeinsam mit Michael Fassnauer noch unter dem Namen Meteomedia gründete - deshalb als einziges heimisches Unternehmen unter 152 europäischen Partnern nach Brüssel gebeten worden. Die EU-Vizepräsidentin Neelie Kroes muss nämlich derzeit auch eine aufwändige Prognose erstellen: In einem mit 600 Millionen Euro dotierten EU-Forschungsprogramm will sie während der kommenden fünf Jahre herausfinden, was die nächste Generation des Internets ("Future Internet") leisten kann.

Und die Ubimet soll das nun zumindest für den Bereich der Umweltmessungen und Wetterbeobachtungen beantworten: Mit der zunehmenden Nutzung sozialer Netzwerke werde es immer wichtiger, "den ,Sensor Mensch' in zuverlässige Prognosen zu integrieren", erklärt Spatzierer.

Als Chef der ebenfalls vor sieben Jahren gegründeten Österreichischen Unwetterzentrale denkt der 34-Jährige jedenfalls bereits daran, in Zukunft nicht nur Beobachtungen von Laien für Vorhersagen heranzuziehen, sondern diese "Spotter" und "Chaser" quasi selbst zu Amateurmeteorologen zu machen. "Für extreme Ereignisse, also bei Unwettern, funktioniert das gut, aber Wetterbeobachtungen von Menschen sind immer subjektiv - dafür müssen wir noch weitere Instrumente der Objektivierung entwickeln", präzisiert Spatzierer.

Im eben erst abgeschlossenen Forschungsprojekt "Situmet", von der Technologieagentur der Stadt Wien (ZIT) gefördert und mit dem Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik durchgeführt, hat die Ubimet das bereits versucht. Entwickelt wurde dabei eine IT-Plattform, die weltweite Wetterdaten nach Herkunft, Qualität und Plausibilität sortiert und maßgeschneidert für unterschiedliche Nutzer zur Verfügung stellt.

Nachdem Spatzierer sein Meteorologie-Studium 2001 an der Uni Wien beendet hatte, verbreitete er seine Prognosen allerdings noch über traditionelle Kanäle: "Ich hab beim Wetterdienst der ORF-Radios angefangen. Aber der eigentliche Verkauf von Vorhersagen wird immer weniger relevant. In Zukunft werden sich Benutzer für sie relevante Daten selbst zusammenstellen und über ansprechende Interfaces konsumieren."

Als Meteorologe pendelt Spatzierer nunmehr regelmäßig zwischen Wien und Melbourne - dort betreibt Ubimet seit 2010 eine Filiale. Bloß in seinen eben erst beendeten Urlaub in Nordaustralien ist er aufgebrochen, ohne vorher auch nur einen einzigen Wetterbericht zu lesen. Spatzierer: "Um diese Zeit scheint dort eh immer die Sonne, aber für den Fall der Fälle kann ich mir meine Prognose ja selbst vor Ort erstellen." (Sascha Aumüller/DER STANDARD, Printausgabe, 13.07.2011)