Im Panhans nächtigte einst der Kaiser. 102 Jahre und viele Renovierungen später wartet das Hotel auf Modernisierungsschübe.

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Reichenau/Semmering/Wien - Sommerfrische war einmal. Heute fährt in der warmen Jahreszeit auf den Semmering, wer einen Ausflug oder einen Kurzurlaub plant. Als das Hotel Panhans am Semmering noch Gäste wie Kaiser Franz Joseph I. beherbergte (1909), flohen die Städter, die es sich leisten konnten, für Wochen bis Monate aufs Land - kühle Nächte ersehnend oder wegen der frischen Luft, da sie wegen der rauchenden Kaminschlote Wiens an Atemwegserkrankungen litten.

Panhans-Direktor Eduard Aberham weiß noch einen Grund: Die Unterkünfte seien "große Heiratsinstitute" gewesen. "Diese Funktion haben wir aber endgültig an die Chatrooms verloren" , sagt der Hoteldirektor, der bald 27 Jahre das am Berghang thronende Haus leitet und Ende September seinen Nachfolger bekanntgeben will.

Das Panhans sei an den Wochenenden zu 95 Prozent ausgebucht, unter der Woche könnte es laut Aberham besser sein. Aber immerhin: Den Dornröschenschlaf, den das Südbahnhotel in unmittelbarer Nähe fristet, aus dem es diesen Sommer nicht einmal mehr von den Festspielen Reichenau gerissen wird, den schläft das Panhans nicht. Zumindest äußerlich.

Im Hintergrund ist aber auch diese Urlaubsinstitution, in der unter anderem Stefan Zweig, Oskar Kokoschka, Arthur Schnitzler, Heinz Rühmann und Josephine Baker einst nächtigten und wo vergangenen Mai die Regierung zu ihrer Klausur zusammentraf, in eine Art Starre verfallen. Einem Insider zufolge sind derzeit keine strategischen Investitionen, die den aktuellen Cashflow übersteigen würden, möglich. Eine Rundum-Modernisierung des Wellnessbereichs wäre zum Beispiel nicht drin. Denn der Eigentümer, ein ehemaliger Wiener Bauunternehmer, werde besachwaltet, seit er vor einigen Jahren einen Schlaganfall erlitten habe. Das Gericht lässt demnach keinen Eingriff in sein Vermögen zu. Auch ein Verkauf sei unmöglich.

Wiege der Psychoanalyse

Ein paar Höhenmeter weiter unten, bei Reichenau an der Rax, dem Geburtsort von Otto Habsburg, wechselte das erste Therapiehotel Österreichs dagegen kürzlich den Besitzer. In dem 1907 vom Rax-Erschließer Camillo Kronich errichteten Knappenhof behandelte einst Sigmund Freud Kronichs Schwester.

2008 kaufte Strabag-Vorstand Hans Peter Haselsteiner das Haus, das sowohl Hotelgäste als auch Therapiepatienten beherbergt. Am 2. Juli erfolgte die Wiedereröffnung nach zehn Monaten Renovierung.

In Reichenau selbst vermitteln das Schloss Wartholz - einst Sommerresidenz Kaiser Karls und Zitas, heute in Besitz des Nobelgärtners Christian Blazek - oder das Schloss Rothschild - erbaut vom Kaiser-Finanzier Nathaniel Meyer Freiherr von Rothschild, heute in Bundesheerbesitz - noch Habsburg-Retroflair. Die Infrastruktur im Ort selbst bröckelt aber. Immobilienmakler Hubert Czernin will daher um 4,7 Millionen Euro bis 2012 ein Einkaufszentrum bauen. Für Platz hat er gesorgt: Die Parkhotel-Ruine wurde abgerissen.

Auch das Reichenauer Freibad ging in Privatbesitz über. Als Grund gab Ortschef Hans Ledolter (VP) an, man müsse finanziell im Katastralort Edlach ja ein zweites Sommerbad stemmen. Im Frühjahr ging daher das erste Warmwasserbad der Monarchie um 300.000 Euro an Alfred Flackl, Reichenauer Wirt und Hotelbetreiber. Trotzdem ist diese Saison für das Erlacher Bad die letzte, angeblich wegen Finanznöten der Gemeinde. In der Monarchie war für das Bad nichts zu teuer gewesen: Zum Sandburgbauen wurde sogar Sand aus Grado angekarrt. (Irene Brickner, Gudrun Springer, DER STANDARD; Printausgabe, 13.7.2011)