Jörg Wipplinger sei verdächtig, im Tierschützerprozess "verbotene Einflussnahme auf ein Strafverfahren" und "üble Nachrede" begangen zu haben.

Foto: http://diewahrheit.at

Bloggen kann gefährlich sein. Diese Erfahrung macht Jörg Wipplinger, Urheber des Videoblogs diewahrheit.at, nun schon zum zweiten Mal. Und wieder ist es der Wiener Neustädter TierschützerInnenprozess, der dafür sorgt, dass sich der Wiener einen Anwalt leisten muss.

Kuvert in der Tür

Was ist passiert? Jörg Wipplinger hat Anfang Mai 2010 einen der Anwälte im TierschützerInnenprozess interviewt und das Video auf seinem Blog diewahrheit.at publiziert. Anfang dieser Woche, Wipplinger kehrte gerade aus dem Urlaub zurück, fand er, eingeklemmt in den Spalt seiner Wohnungstür, eine Briefsendung der Polizei vor: Er sei verdächtig, "verbotene Einflussnahme auf ein Strafverfahren" und "üble Nachrede" begangen zu haben. "Mir ist völlig schleierhaft, wie es dazu kommt", sagt Wipplinger.

Der damals interviewte Anwalt Martin Balluchs, Stefan Traxler, hatte im Interview mehrere schwere Vorwürfe gegenüber Polizei und Staatsanwalt erhoben. Unter anderen hatte er behauptet, die Polizei habe Beweise verschwinden lassen und der Staatsanwalt habe sich an der Festnahme Martin Balluchs, die er live beobachtet habe, "begeilt". Diese Aussagen könnten nun ein gerichtliches Nachspiel haben - nicht nur für Traxler, sondern auch für Wipplinger, da er es war, der Traxlers Aussagen publizierte.

Seit einem Jahr offline

Paradox an den Vorwürfen ist, dass das Video-Interview nur zwei Monate lang online war - und bereits seit einem Jahr nicht mehr abrufbar ist. Wipplinger hatte es offline gestellt, nachdem er von den Kleider Bauer-Geschäftsführern mit einer Klage wegen übler Nachrede und Kreditschädigung bedroht worden war. Es kam damals zum Vergleich, Wipplinger musste 5000 Euro zahlen und den Blogeintrag vom Netz nehmen (derStandard.at berichtete).

"Den Beitrag haben höchtens ein paar hundert Menschen gesehen", sagt Wipplinger, der die Vorwürfe als "völlig skurril" bezeichnet. "Ich sage während des ganzen Interviews überhaupt nichts - es ist offensichtlich, dass der Interviewte seine persönliche Meinung widergibt." Heute, Donnerstag, soll Wipplinger vor der Polizei erstmals zu den Vorwürfen Stellung nehmen.

"Soko Bekleidung" steckt dahinter

Es ist eine der Hauptzeuginnen der Anklage im TierschützerInnen-Prozess, die hinter der Anzeige steht. Die leitende "Soko Bekleidungs"-Beamtin Bettina Bogner hat die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt veranlasst, die Vorwürfe zu prüfen. Bogners Anlassbericht an die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt liegt derStandard.at vor.

Traxler schätzt die Chancen, dass es tatsächlich zu einer Anklage kommt, zwar als "eher gering" ein. Als Strafverteidiger wäre eine gerichtliche Verurteilung für ihn jedoch besonders haarig. Jörg Wipplinger nimmt den Vorwurf, er habe verbotenermaßen einen Strafprozess beeinflusst, mit Humor: "Wenn ich gewusst hätte, dass ich so mächtig bin, hätte ich mich während des Verfahrens öfter zu Wort gemeldet." (Maria Sterkl, derStandard.at, 14.7.2011)