Letztes Geleit für den verstorbenen Otto Habsburg in der Basilika von Mariazell, wo am Mittwochnachmittag ein Requiem gefeiert wurde. Otto und Ehefrau Regina waren dem steirischen Wallfahrtsort eng verbunden.

Foto: STANDARD/Fischer

Die trauernde Familie, voran Karl Habsburg, auf dem Weg in die Kirche.

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Stünden in der Basilika nicht ein paar junge Frauen in Spaghettiträger-Tops, würden die Menschen nicht mit ihren Handys fotografieren, die 19.-Jahrhundert-Idylle wäre perfekt. Otto und Regina Habsburg, im Tode wiedervereint unter der Statue der Gottesmutter von Mariazell, rundherum gedämpftes Gemurmel und Kerzenschein. Die Särge der beiden bedeckt von schwarz-gelben Fahnen und dem Familienwappen, flankiert von diversen Uniformträgern, die von Zeit zu Zeit mit gebotenem Ernst eine durchchoreografierte Wachablöse vollführen.

Für Mariazell sei die Familie Habsburg immer die Kaiserfamilie geblieben, sagte der Bürgermeister des steirischen Wallfahrtsortes, Josef Kuss, am Mittwoch den Medien. Und tatsächlich: Den ganzen Vormittag lang spaziert Ottos ältester Sohn Karl Habsburg, teils begleitet von seinen Geschwistern, durch den Ort, hält inne, um Beileidswünsche aus dem Volke entgegenzunehmen, beantwortet geduldig Fragen, posiert für Fotografen und plaudert mit Journalisten.

Keine Überraschungen

Es sei immer klar gewesen, sagt Karl Habsburg, dass sein Vater auf seinem letzten Weg in Mariazell Station machen würde, immerhin habe man hier stets alle Familienereignisse gefeiert - unter anderem die silberne und goldene Hochzeit seiner Eltern. Er habe selbstverständlich seinen Vater zu Lebzeiten nie mit den Details der Begräbnisorganisation belastet, sagt das nunmehrige Familienoberhaupt und verteidigt seinen in den letzten Tagen oft zitierten Sager, er habe die Feierlichkeiten seit zwölf Jahren geplant: "Es wäre ja blöd gewesen, sich überraschen zu lassen."

In Mariazell lässt man sich von dem letzten Rest imperialen Rummels nicht aus der Ruhe bringen. Es ist die übliche Menschenmischung aus Bikern, Wanderern und Lodenträgern, die sich am Mittwoch zwischen Souvenirstandln, Kaffeehäusern und dem großen Vorplatz der Basilika bewegt. An einem Tag wie heute mache sie nicht mehr Umsatz als üblich, sagt die Lebkuchenverkäuferin, schließlich kämen die Leute ja zum Trauern, nicht zum Einkaufen. Tatsächlich sucht man zwischen den Plastikmadonnen und Namenshäferln vergeblich Otto-und-Regina-Devotionalien.

Viele, die am Mittwoch nach Mariazell gekommen sind, sprechen vom Ende einer Ära, das der Tod Ottos markiere. So einen "historischen Moment" wie diesen werde es in Österreich nicht mehr geben, sagt eine Dame im Dirndl und zerdrückt verschämt eine Träne. Die Kaiserjäger, Dragoner und wie sie alle heißen machen eine ernste Miene, denn sie sind ein beliebtes Fotomotiv. Weder 350 Kilometer Anreise aus Kitzbühel noch das drückend-schwüle Wetter habe ihn davon abhalten können, hier herzukommen, sagt ein Mann mit auffallend vielen Federn auf dem Kopf, die er übrigens gar nicht so selten ausführt: Beim Schützenfest, an kirchlichen Feiertagen und am Kaisergeburtstag legt er das imperiale Outfit an.

Je näher die Beisetzung Ottos und Reginas am Samstag in der Wiener Kapuzinergruftr ückt, desto lauter werden aber auch die Stimmen, die den unkritischen Umgang Österreichs mit seinen ehemaligen Herrschern kritisieren. Für "nicht angemessen" hält etwa der Historiker Karl Vocelka die Feierlichkeiten, die "den Charakter eines Staatsbegräbnisses" hätten. Und der Politologe Emmerich Tálos befand es für "erstaunlich, wie viel Aufmerksamkeit dem Ableben Habsburgs in Österreich gewidmet wird".

Bis Mariazell ist diese Skepsis nicht durchgedrungen - weder auf den Kirchenplatz noch in die Basilika. Als "herausragenden Politiker, tiefgläubigen Christ und exemplarischen Familienvater" bezeichnet der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari Otto Habsburg beim Requiem am Nachmittag. Nach der Beisetzung am Samstag folgt noch die Bestattung von Otto Habsburgs Herz in Ungarn. An Urlaub sei auch danach nicht zu denken, sagt sein Sohn - schließlich gelte es nun, die unzähligen Kondolenzschreiben zu beantworten. Karl Habsburg wirkt nicht, als würde ihm dieser Rummel etwas ausmachen. (Andrea Heigl, STANDARD-Printausgabe, 14.7.2011)