Graz / St. Pölten - Die ungewöhnlich scharfen Angriffe der niederösterreichischen ÖVP gegen die Reformpolitik der Steiermark - die von den dortigen Schwarzen maßgeblich mitgetragen wird - ist in Graz mit einigem Erstaunen registriert worden. "Wir wollen darauf eigentlich gar nicht reagieren", sagt ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Rinner. Auch wenn seine Parteifreunde in St. Pölten es anders beurteilen: Die steirische Volkspartei erachte die von SPÖ und ÖVP beschlossene grundlegenden Reformen im politischen System (Stichwort: Proporzabschaffung) und der Verwaltung als sinnvoll und sie werde daran auch festhalten.

Niederösterreichs Chef der ÖVP-Gemeindevertreter, Alfred Riedl, hatte die steirische Partei wegen deren Reformkurses, der auch weitreichende Gemeindefusionen vorsieht, schwer gerügt. Die Gemeindereformen seien "brandgefährlich" und führten zu einer "totalen Abwertung der Gemeinden". Riedl: "Wir haben den gemeindefeindlichen Kurs diverser Politiker satt."

"Die Kirchtürme bleiben"

Riedls Parteikollege Rinner kann die Kritik jedenfalls nicht ganz nachvollziehen. Rinner im Gespräch mit dem STANDARD: "Es ist aus unserer Sicht sehr notwendig, eine Verwaltungsreform in dieser Dimension anzupacken, denn es geht um die Absicherung der Gemeinden und letztlich des ganzen ländlichen Raums und nicht um deren Gefährdung."

Die Landesregierung werde "kein Lineal" über die Landkarte drüberlegen. Es gehe bei Gemeindefusionen um die Schaffung leistungsfähiger, wirtschaftlich intakter Gemeindezentren. Rinner: "Und alles unter Berücksichtigung topografischer, funktionaler, demografischer und natürlich demokratiepolitischer Gesichtspunkte. Und keine Angst: Die Kirchtürme bleiben bestehen, wie die Freiwilligen Feuerwehren und die Sportvereine. Das sind ganz wichtige Bestandteile des ländlichen Lebens."

BZÖ von Steirern angetan

Mittlerweile kommt aber auch in Niederösterreich ein leichtes Reformlüfterl auf. Das dortige BZÖ unterstützt demonstrativ die Reformideen der Steirer und verlangt auch für sein Bundesland ähnliche Umwälzungen. BZÖ-Generalsekretär und geschäftsführender Chef des BZÖ NÖ, Christian Ebner, sagte im STANDARD-Gespräch: "Ich halte die Reformen - die Verkleinerung des Landtages, der Landesregierung und die Gemeindezusammenlegungen - für extrem wichtig und würde mir auch von der niederösterreichischen VP einen derartigen Reformwillen wünschen. Aber jetzt ist wenigstens klar dokumentiert, dass die steirische VP die Reform- und die niederösterreichische die ÖVP-Betonfraktion ist." (Walter Müller, STANDARD-Printausgabe, 14.7.2011)