Innsbruck - Seit 1990 werden 1.000 Einwohner der Stadt Bruneck in Südtirol im Fünf-Jahres-Rhythmus untersucht, um Ursachen und Risikofaktoren von Herzinfarkt und Schlaganfall zu erforschen. Das von Johann Willeit von der Innsbrucker Uniklinik für Neurologie und Friedrich Oberhollenzer vom Krankenhaus Bruneck initiierte Projekt liefert seither Daten für neue Erkenntnisse und Therapiekonzepte. Das Zusammenspiel von jahrzehntelanger Datenerhebung auf Basis einer nahezu unveränderten Probandengruppe, optimaler Kooperation und hohem wissenschaftlichen Output macht die Bruneck-Studie weltweit einzigartig, schreiben die Initiatoren in einer Aussendung.

Neuen Risikofaktoren auf der Spur

Die Identifizierung neuer Risikofaktoren für arteriosklerotische Veränderungen und deren Manifestation und Vorhersagbarkeit sind die zentralen Ziele der epidemiologischen, prospektiv angelegten Bruneck-Studie. Neben den klassischen Parametern wie Cholesterin-Spiegel, Blutdruck und Blutzucker, soll die Bestimmung neuer Einflussfaktoren konsequenterweise zur Entwicklung präventiver Therapiestrategien bei Herzinfarkt und Schlaganfall führen. Weitere Forschungsfragen fokussieren auf die Schwerpunkte Diabetes, Ernährung, Osteoporose, Arthrose und Erkrankungen des Nervensystems (u.a. Parkinson, Restless Leg Syndrome, Migräne), sowie auf die Entstehung maligner Tumoren.

Positive Bilanz und vielversprechendes Potential

Die Bilanz aus über 20 Jahren Untersuchung, Analyse und wissenschaftlicher Auswertung: über 120 auf Bruneck-Daten basierende wissenschaftliche Arbeiten als weltweit beachtete Publikationen in hochrangigen Wissenschaftsmagazinen. Einige Beispiele: Die Erkenntnis, dass Arteriosklerose eine entzündliche Erkrankung ist (maßgebliche Rolle des Hitzeschockproteins HSP60, anm.), eine epidemiologische Arbeit zum Eisenstoffwechsel und die damit zusammenhängende Initiierung einer großen Interventionsstudie in den USA, die Entdeckung, dass das Erreichen einer kritischen Telomerlänge eine wichtige Rolle sowohl bei fortgeschrittenen arteriosklerotischen Veränderungen der Gefäßwand als auch bei der Tumorentstehung spielt, sowie der nachgewiesene Zusammenhang von Knochenstoffwechsel und Artherosklerose.

Weiteres Forschungspotenzial

Bislang wurde nur ein Teil des gesamten Datenbestandes auswertet. Vor allem für die Bereiche Tumorentstehung und Osteoporose berge die Studie noch großes Forschungspotential. Erst kürzlich wurde auf Basis der Bruneckdaten nachgewiesen, dass die Zellalterung zum Entstehen maligner Tumoren beiträgt und damit eine entscheidende Rolle in der Sterblichkeit von Tumorpatienten spielt oder dass ein für den Knochenbau wichtiges Protein Einfluss auf die Stabilität von Gefäßablagerungen hat und damit ein Risikofaktor für akute Gefäßerkrankungen ist. (red, derStandard.at)