Wien - Ernst Naber ist auf Spekulanten nicht gut zu sprechen. Seit 50 Jahren ist er im Kaffeegeschäft, rasante Preissprünge hat er immer wieder erlebt. Was derzeit passiere, habe aber mit den Unbilden der Natur nichts mehr zu tun, seufzt der Wiener Kaffeeröster. Dass sich die Preise für die schwarze Bohne innerhalb eines Jahres verdoppelten, sei überwiegend ein Effekt der Spekulation an den internationalen Rohstoffmärkten. "Die Produzenten in den Anbauländer haben davon sicher am wenigsten."

Aus der Inflationsstatistik sticht der Bohnenkaffee mit einer Teuerung von 23 Prozent im Juni markant hervor. Immerhin acht Kilogramm pro Kopf konsumieren die Österreicher davon im Jahr, knapp drei Tassen am Tag. Wirtschaftsforschern fällt auf, dass die Preise dafür hierzulande stärker gestiegen sind als in der restlichen EU. Es bewege sich aber auf dünnem Eis, heißt es, wer das rein auf die Marktmacht der österreichischen Handelsketten zurückführe.

Nicht nur der kleine Schwarze bringt manche Nerven zum Flattern. Die Inflation bleibt in Österreich insgesamt hoch: Im Juni lag sie den dritten Monat in Folge im Jahresabstand bei 3,3 Prozent quer durch alle Warengruppen. Preistreiber sind nach wie vor die Ausgaben für Energie und Lebensmittel. Ohne die beiden belaufe sich die Teuerung auf 2,6 Prozent, errechnete die Statistik Austria.

Die Preise für Rohöl haben sich zuletzt leicht entspannt, für Sprit war im Juni dennoch um 16 Prozent mehr zu bezahlen als im Vorjahr. Heizöl schlug sich mit ebenso viel mehr zu Buche, Gas verteuerte sich seither um zehn Prozent.

Der tägliche Einkauf im Lebensmittelhandel kostete um vier Prozent mehr als vor einem Jahr. Preise für Milchprodukte und Eier erhöhten sich um gut sechs Prozent, Brot kam zugleich um vier Prozent teurer, Gemüse und Fleischwaren um drei bzw. zwei Prozent.

Österreich kopple sich hier, abgesehen von alkoholfreien Getränken und Obst, die nun eine Preishausse hinlegten, nicht von der Entwicklung in Westeuropa ab, sagt Josef Baumgartner vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Tatsache sei, dass in Schwellenländern wie China mit den steigenden Einkommen und der besseren Konjunktur die Nachfrage nach Rohstoffen zunehme. Finanzmarktakteure verstärkten diesen Trend.

Wer im Juni ein neues Auto erwarb, kam günstiger davon. Aber wehe dem, der es reparieren und dafür um fünf Prozent mehr berappen musste. Keine echte Alternative bot auch das Fliegen mit um zwölf Prozent teureren Tickets.

Die Inflation stärker als andere zu spüren bekamen Pensionisten, was sich auf höhere Ausgaben für Dienstleistungen für Spitäler, Soziales und Wohnungsinstandhaltungen zurückführen lässt.

Dass Österreich bei seiner Teuerung leicht über jener der Eurozone liegt, erklärt Baumgartner mit einem Mix aus teureren Konsumgütern, Dienstleistungen und den jüngsten Steuererhöhungen, etwa für Mineralöl und Tabak. Fürs gesamte Jahr erwartet er eine Inflation von 3,2 Prozent. Bei 2,6 Prozent könnte sie sich 2012 einpendeln. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.7.2011)