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Mario Haas (36) stemmte drei Meisterteller mit Sturm - zuletzt am 25. Mai 2011. "Das war schon ein genialer Moment."

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Standard: Haben Sie sich den Start in die neue Saison mit dem 2:0 gegen Videoton in der Champions-League-Qualifikation ungefähr so vorgestellt?

Haas: Eigentlich nicht. Das erste Spiel ist immer schwierig, du weißt nicht, wo du stehst. Man kann aber sagen, dass wir verdient gewonnen haben. Im spielerischen Bereich gibt's genug Verbesserungspotenzial, in der Abwehr müssen wir genauer stehen. Das passt noch nicht hundertprozentig, aber das kommt mit der Zeit. Gordon Schildenfeld geht uns in der Abwehr ab, im Mittelfeld muss sich Matthias Koch noch richtig einspielen.

Standard: Wie haben Sie den Sommer als Fußball-Meister verbracht?

Haas: Es war nichts Besonderes. Ich habe viele Termine gehabt, habe viele Autogramme geschrieben. So richtig hat man natürlich nicht abschalten und genießen können, aber es war schon okay. Ich habe zehn Tage frei gehabt, dann hab ich wieder angefangen zu trainieren. Und jetzt sind wir schon wieder mitten im Geschäft.

Standard: Aber Ihnen wurde nach dem Titel schon öfter als sonst auf die Schulter geklopft, oder?

Haas: Es ist, wie es ist. Du musst ohnehin jedes Jahr deine Leistung bestätigen. Da ist es mir egal, ob du jetzt mehr Schulterklopfer hast oder weniger.

Standard: Sie haben alle drei Meistertitel mit Sturm miterlebt. War der jüngste der intensivste?

Haas: Er war insofern besonders, als überhaupt keiner erwartet hat, dass wir Meister werden. Den dritten oder vierten Platz hat man uns am ehesten zugetraut. Wir haben auch selbst nie über den Titel geredet. Unser Ziel war ein Europacup-Platz. Wir haben einfach kontinuierlich weitergespielt, das hat uns ausgezeichnet. Und in den vergangenen sieben Spielen haben wir gezeigt, dass wir wichtige Tore schießen können.

Standard: Was war Ihr schönster Meister-Moment?

Haas: Nach dem Abpfiff hab ich's wirklich genossen. Ich bin auf dem Platz gestanden, habe mit den Fans zusammen gefeiert. Und als ich als Kapitän die Meisterschale hochgehoben habe - das war schon ein genialer Moment.

Standard: Welche Ziele sind in dieser Saison realistisch? Ist die Titelverteidigung ein Thema?

Haas: Natürlich wollen wir den Titel verteidigen, ist ja klar. Aber es wird nicht einfach. Alle Teams haben eingekauft, sich verstärkt, und wir haben als einzige Mannschaft wieder nur abgegeben. Oder anders gesagt: Wir haben starke Spieler hergegeben und dafür nicht so starke Spieler geholt. Matthias Koch etwa kommt aus der zweiten Liga. Mario Kienzl ist weggegangen, als Ersatz für Abwehrchef Gordon Schildenfeld haben wir bis jetzt noch gar keinen neuen Spieler verpflichtet. Und links hinten muss sich George Popkhadse erst einspielen. Die anderen Vereine, vor allem Salzburg, haben dagegen wieder richtig eingekauft.

Standard: Und mit dieser Mannschaft will Sturm in die Champions League?

Haas: Wir wollen zumindest einmal in der Qualifikation weiterkommen. Mit dem 2:0 haben wir eine super Ausgangsposition.

Standard: Sie sind Kapitän von Sturm, das Sprachrohr der Mannschaft. Geht Ihnen die Transferpolitik des Klubs gegen den Strich?

Haas: Kritisieren will ich gar nichts. Ich weiß, dass der Verein kein Geld hat. Wir sind nicht der Klub mit der großen Kassa, also muss man das akzeptieren. Und man sieht ja, dass es trotzdem irgendwie geht, dass sich Junge in den Vordergrund spielen und gewisse Leistungsträger ersetzen können. Aber immer geht das freilich nicht gut. Irgendwann muss man auch wieder investieren.

Standard: Fordern Sie also noch eine Neuverpflichtung?

Haas: Der Verein weiß selber auch, dass wir hinten noch einen Spieler brauchen. Da bin ich nicht der Einzige, der das fordert. Aber das ist nicht meine Aufgabe. Entscheiden tut immer der, der Geld hat. Und wir haben halt nicht so viel. Natürlich wollen wir vorne mitspielen. Aber wo findet man jetzt noch einen guten und fitten Verteidiger, der zu uns passt? Wir wollen ja auch keine Hauruck-Aktion, das dauert alles Zeit. Und die Meisterschaft geht schon los.

Standard: Wer ist für Sie der Titelfavorit Nummer eins?

Haas: Salzburg. Da brauchen wir nicht reden. Mit dem Budget und mit den Einkäufen, die sie getätigt haben, sind sie absoluter Favorit. Unser Vorsprung ist, dass wir eingespielt sind. Salzburg muss sich als Mannschaft erst finden, das kann zunächst ein kleiner Vorteil für uns sein.

Standard: Am Samstag gastiert Sturm zum Bundesliga-Auftakt bei Cupsieger Ried. Fühlen Sie sich fit genug für einen Einsatz?

Haas: Natürlich. Ich habe die ganze Vorbereitung mitgemacht, habe kein Training ausgelassen. Meine Laktat-Werte sind sogar besser geworden. Ich könnte ohne Probleme 90 Minuten durchspielen. Wir haben mit Szabics und Kienast zwei Einser-Stürmer. Aber ich bin jederzeit bereit, kann entscheidende Tore schießen. Das habe ich im vergangenen Jahr gezeigt.

Standard: Sie sind nach dem 39-jährigen Kapfenberger Herbert Wieger der älteste Stürmer der Bundesliga. Im September werden Sie 37 Jahre alt. Was geht noch?

Haas: Ich schau mal nach dieser Saison, was noch geht. Ich will verletzungsfrei bleiben und international spielen. Diese Saison will ich auf alle Fälle noch die 150-Tore-Marke knacken. Mein Traum ist, noch einmal Champions League zu spielen. Vielleicht sogar gegen Real, gegen die hab ich schon getroffen. Sag niemals nie, Fußball ist ein verrückter Sport.

Standard: Gibt's schon einen Plan für die Karriere danach?

Haas: Ich habe meine Fußball-Camps für Kinder und eine eigene Marketingfirma. Im Verein würde mich später ebenfalls Marketing oder die Position eines Teammanagers reizen.

Standard: Wie sieht's mit Ambitionen als Trainer aus?

Haas: Ich mach zwar gerade den Trainerschein. Aber das ist nicht so meines. Da bin ich zu nett für diese Welt. Als Trainer musst du ein härterer Typ sein. (David Krutzler, DER STANDARD Printausgabe, 16.7.2011)