Bild nicht mehr verfügbar.

Rebekah Brooks ist zurückgetreten.

Foto: AP

Zehn Tage nach Beginn des Abhörskandals ist am Freitag die britische Statthalterin Rupert Murdochs, Holding News Corporation, zurückgetreten. Ihr Verbleib an der Spitze der NewsCorp-Tochter News International (NI) habe "abgelenkt von unseren ehrlichen Bemühungen, vergangene Probleme aufzuklären", schrieb Rebekah Brooks an die NI-Angestellten. Neuer Mann bei NI ist der bisherige Geschäftsführer von Sky Italia, Tom Mockridge. Der gebürtige Neuseeländer arbeitet seit zwei Jahrzehnten im Imperium Rupert Murdochs.

An diesem Wochenende will der Konzern mit ganzseitigen Zeitungsanzeigen gegen den katastrophalen Imageschaden ankämpfen. "Das Unternehmen hat Fehler gemacht. Wir wollen uns bei der Nation entschuldigen", teilte der Sohn des Konzernchefs, James Murdoch, mit.

Brooks (43) war 22 Jahre lang für NI tätig, zunächst als Sekretärin. Später leitete die Boulevardjournalistin sowohl das mittlerweile eingestellte Sonntagsblatt News of the World (NoW) wie auch die Tageszeitung The Sun. In ihre Amtszeit als NoW-Chefredakteurin fiel 2002 der Kriminalfall Milly Dowler. NoW-Mitarbeiter hörten das Mobiltelefon des verschwundenen Mädchens nicht nur ab, sondern löschten auch Nachrichten auf der Sprachbox. Dadurch schöpften Millys Eltern sowie die Kripo Hoffnung, die 13-Jährige könnte noch am Leben sein. In Wirklichkeit war sie einem Serienmörder zum Opfer gefallen.

Trotz der Empörung der Öffentlichkeit hielt Murdoch zehn Tage lang an Brooks fest. Vergangene Woche wurde die profitable NoW eingestellt, am Mittwoch zog der Medienmogul sein Übernahme-Angebot für den Bezahlsender BSkyB zurück.

Erst nach beispiellosem Druck durch das Parlament stimmten die Murdochs einer Anhörung vor dem Medienausschuss des Unterhauses am kommenden Dienstag zu. Kämpferisch gab sich der Konzernpatriarch in einem Interview mit seiner New Yorker Tageszeitung Wall Street Journal: Er bezichtigte britische Parlamentarier, darunter den früheren Premierminister Gordon Brown, sie hätten "glatte Lügen" verbreitet. Sein Unternehmen habe lediglich "kleinere Fehler" gemacht.

"Die richtige Entscheidung"

Brooks Rücktritt wurde am Freitag skeptisch aufgenommen. Er sei überfällig gewesen, betonte etwa Oppositionsführer Edward Miliband. Premier Cameron nannte den Rücktritt seiner persönlichen Freundin und Nachbarin "die richtige Entscheidung"; die beiden Familien verbrachten auf ihren Landsitzen in der Grafschaft Oxfordshire viel Zeit miteinander.

Schwere Zeiten erlebt auch die weltberühmte Ermittlungsbehörde Scotland Yard. Sie hatte nach der Verurteilung eines NoW-Journalisten sowie eines Privatdetektivs 2007 die Abhörakten ruhen lassen. Dabei gehörten offenbar knapp 4000 Briten zu den Abhöropfern. Polizeipräsident Paul Stephenson muss sich fragen lassen, warum er zeitweilig einen früheren Vize-Chef der NoW, Neil Wallis, als seinen Medienberater beschäftigte, obwohl die Abhöraffäre weiter schwelte.

Wallis (60) wird seit Donnerstag von der neuerdings mit hoher Energie ermittelnden 45-köpfigen Sonderkommission als einer von acht Beschuldigten geführt. Der Vorsitzende des Parlaments-Innenausschusses nannte die neuen Enthüllungen "unglaublich" und kündigte eine Anhörung Stephensons an.

Auch in den USA beschäftigt die Affäre die Strafverfolger. Das FBI ermittelt gegen NewsCorp-Journalisten wegen möglicher Lauschangriffe auf Angehörige der Terroropfer vom 11. September 2001. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD; Printausgabe, 16./17.7.2011)