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Aufmarsch von Anhängern der rechtsextremen Partei Jobbik ("Die Besseren"), hier in Hejoszalonta im April.
In Gyöngyöspata, zuletzt Ungarns Brennpunkt für Konflikte zwischen Roma und Neonazis, ist ein Politiker der rechtsextremen Partei Jobbik zum Bürgermeister gewählt worden. Der 35-jährige Jobbik-Ortsvorsitzende Oszkár Juhász setzte sich am Sonntag mit 33,8 Prozent der Wählerstimmen durch, bei einer Wahlbeteiligung von 60 Prozent. Eine absolute Mehrheit war nicht erforderlich.
Die vorgezogene Neuwahl hatte Juhász indirekt selbst provoziert, als er im März die rechtsradikale Gruppe Szebb Jövöért in das 2700-Einwohner-Dorf (davon etwa 450 Roma) in Mittelungarn rief. Die Gruppe nennt sich "Bürgerwehr" und sollte gegen die angebliche Kriminalität der dort lebenden Roma vorgehen. Szebb Jövöért versetzte daraufhin die Roma mit aggressiven, uniformierten Märschen und mit Drohungen in Angst und Schrecken.
Entnervt wegen der so entstandenen Spannungen trat der damalige parteilose Bürgermeister László Tabi zurück. So kam jetzt Jobbik-Mann Juhász zum Zug, der schon seit langem mit dem Bürgermeistersessel geliebäugelt hatte. Monatelang, auch jetzt am Wahltag, war das Dorf verstärkt von der Polizei bewacht worden.
Juhász ist von Beruf Wachmann bei einer Sicherheitsfirma und Weinbauer. Sein Hobby ist die Jagd, wovon viele Hirschgeweihe in seinem Wohnhaus zeugen. Gyöngyöspata will er jetzt zu einem "Modell" für den Umgang mit Roma machen. Dafür will er eine eigene Gendarmerie engagieren. Zudem verkündete er vollmundig, dass jetzt massenhaft Investoren in sein Dorf kommen würden.
Sein Chef, Jobbik-Landeschef Gábor Vona, frohlockte: Seine Partei, die im Budapester Parlament die Oppositionsbank drückt, habe in Gyöngyöspata über Premier Viktor Orbáns Fidesz gesiegt. Dies sei ein "Meilenstein" . Der Parlamentsausschuss, der sich mit Ungarns "Kriminalität in Uniform" befasst, sei nunmehr "gegenstandslos" geworden, sagte Vona.
Als Reaktion auf Rechtsradikale, die mit paramilitärischer Attitüde gegen Roma auftreten, hatte die Fidesz-Regierung der, wie sie es nannte, "Kriminalität in Uniform" den Kampf angesagt. Dazu wurden mehrere Gesetze geändert, die die Aktivitäten von Bürgerwehren stärker reglementieren und das "Schüren von Angst" gegen Volksgruppen verbietet.
Ursprünglich hatte auch der örtliche Vorsitzende der Roma-Selbstverwaltung, János Farkas, für das Bürgermeisteramt in Gyöngyöspata kandidiert, und zwar mit guten Chancen. Im allerletzten Moment, am Wahltag, zog sich Farkas aber zurück. Zur Begründung wollte er nichts sagen. Beobachter vermuten, dass Druck von vielen Seiten der Grund war. (Kathrin Lauer aus Budapest/DER STANDARD, Printausgabe, 19.7.2011)