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Trittsicher sollte sein, wer bei Stiefelkönig einsteigt. Der Schuhkonzern hat zuletzt jährlich bis zu 15 Millionen Euro Verlust erzielt.

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Wien - Jahrelang trat die Bawag bei Stiefelkönig trotz steigender Verluste auf der Stelle. Nun kommt jedoch Bewegung in den Verkauf. Er könnte bereits diese Woche erfolgen, spätestens Ende Juli. Wesentliche Entscheidungen dafür fallen am Mittwoch. Wie der Standard berichtete, gibt es nur noch zwei Bieter für den verlustreichen Stiefelkönig: den Görtz-Konzern mit Sitz in Hamburg und die steirische Leder & Schuh AG mit Vertriebslinien wie Humanic und Jello. Die deutsche Reno schloss die Bawag aus dem Bieterverfahren aus.

Leder & Schuh geht den Schritt der Übernahme aber nicht allein: Partner ist die Ringschuh-Gruppe. Sie ist in Besitz von sechs österreichischen Investoren. Unter ihrem Dach finden sich 170 selbstständige Schuhhändler mit 250 Geschäften und einem Außenumsatz von nach eigener Angabe 50 Millionen Euro. Ringschuh haftet für die Betriebe und versorgt sie mit Dienstleistungen bis hin zum Einkauf.

Wegen der sich im Endspurt befindlichen Verhandlungen wurde Stillschweigen über ihr gemeinsames Angebot vereinbart. Bei Leder-&-Schuh-Vorstand Gottfried Maresch wie bei Wilfried Harml, Chef von Ringschuh, heißt es derzeit in Graz einhellig: Kein Kommentar.

Beide Unternehmen planen die Standorte untereinander aufzuteilen. Leder & Schuh will sich Boutiquen in den guten Lagen sichern, Ringschuh soll die Filialen in den Bezirksstädten erhalten. Lediglich drei bis vier der in Österreich verbliebenen 67 Standorte sollen aufgelassen werden. An den 16 Filialen in Slowenien und Kroatien besteht kein Interesse. Diese leiden unter hohen Verlusten und kaum auflösbaren Mietverträgen.

Der ausgeschiedene Bieter Reno wollte die Zentrale in Graz halten und ausbauen. Bei Leder & Schuh soll sie mit der eigenen in Graz zusammengelegt und ein Teil der Belegschaft übernommen werden.

Abwickeln will Leder & Schuh die Übernahme dem Vernehmen nach über einen Share-Deal, Ringschuh soll über einen Asset-Deal eingebunden werden, bei dem Filialen einzeln übertragen werden.

Ein wesentlicher Ballast für den Rivalen Görtz im Duell um Stiefelkönig sind die enormen Verlustvorträge der Bawag-Tochter. Anders als die deutschen Investoren können die Steirer sie maßgeblich steuerlich geltend machen.

Entscheidend sei, wer mehr der etlichen hundert Jobs erhalte, sagt Gewerkschafter Karl Proyer. Beide Lösungen, die österreichische wie die deutsche, hätten jeweils Vor- und Nachteile. "Wir sind nach beiden Seiten hin offen."

In der Branche reagiert man auf das Engagement des Familienkonzerns Leder & Schuh für den Mitbewerber mit Kopfschütteln: Eine weitere sechste Vertriebsschiene sei angesichts vieler Überschneidungen wenig sinnvoll, so der Tenor. Der Konzern will Stiefelkönig als hochwertiges Shopkonzept positionieren, mit Marken von Prada bis Gucci. Zumal die hauseigenen Nobellinien, Dominici und Corti, schwächeln, ist intern zu hören.

Damit befassen wird sich wohl die Wettbewerbsbehörde. Leder & Schuh hat 21, Ringschuh fast zehn Prozent Marktanteil in Österreich. Laut Gesetz wird ab 30 Prozent Marktbeherrschung vermutet. Den Betrieben ist es in der Praxis aber ein Leichtes, diese zu entkräften. (Verena Kainrath, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 19.7.2011)