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Dominik Thalhammer: "Beim Fußball wird gern und auch abschätzend verglichen, weil die kickenden Damen noch nicht die Anerkennung und den Respekt bekommen, den sie verdienen."

Foto: REUTERS/Robert Zolles

DER STANDARD: Hat das WM-Finale Ihre Erwartungen erfüllt?

Thalhammer: Das ganze Turnier war extrem toll und professionell aufgezogen. In vielen anderen Ländern wäre so ein Event im Frauenfußball gar nicht möglich. Bei Endspielen ist es üblich, dass sie vorsichtiger geführt werden. Das ist bei den Herren nicht anders. Dennoch war das Finale extrem spannend. Die Amerikanerinnen haben ihre starke Physis ausspielen können und sich ein Chancenplus erarbeitet. Sie waren auch taktisch überlegen. Bitter für die USA, dass sie es nicht geschafft haben.

STANDARD: Warum ist Japan Weltmeister geworden?

Thalhammer: Sie waren sehr organisiert und in ihrem Spiel variabel. Unter Druck haben sie gut gekontert. Und wenn sie selbst im Ballbesitz waren, haben sie ihr modernes Kurzpassspiel aufgezogen. Das kann man durchaus mit der Spielart der spanischen Herren-Nationalmannschaft vergleichen.

STANDARD: Kann man Männer- und Frauenfußball überhaupt miteinander vergleichen?

Thalhammer: Nein. Es gibt zu viele genetische und physische Unterschiede. Bei anderen Sportarten macht es doch auch keiner. Beim Skifahren interessiert es niemanden, warum sich die Frauen nicht die Streif antun. Oder beim Tennis: Da wäre die beste Dame in der Weltrangliste wahrscheinlich nicht unter den besten 1000 Herren zu finden. Beim Fußball wird gern und auch abschätzend verglichen, weil die kickenden Damen noch nicht die Anerkennung und den Respekt bekommen, den sie verdienen. Vor ein paar Jahren etwa wurde über ein Spiel des deutschen Damen-Nationalteams berichtet, das sie gegen eine Stuttgarter Nachwuchsauswahl mit 0:3 verloren hat. Die Burschen waren zwischen 14 und 16 Jahren alt.

STANDARD: Wo würden Sie Österreichs Nationalteam einordnen?

Thalhammer: Fakt ist, dass wir in der Fifa-Rangliste auf dem 40. Platz sind. Die Teams zwischen Rang 25 und 40 spielen aber etwa auf dem gleichen Level wie wir, da ist der Unterschied nicht so groß. Interessant ist, dass große Nationen wie die USA und Deutschland stagnieren, vermeintliche Underdogs dagegen holen schnell auf.

STANDARD: Sind Österreichs Herren oder die Frauen weiter von der Fußball-Weltspitze entfernt?

Thalhammer: Wahrscheinlich gibt es bei den Frauen einen noch größeren Abstand. Die Chance, dass unser Damenteam Deutschland Paroli bieten kann, ist nicht realistisch. Es gibt ein vielversprechendes Entwicklungspotenzial, aber bei uns liegt noch vieles brach. Wir haben mit der Gründung des Nationalen Zentrums für Frauenfußball ein Zeichen gesetzt.

STANDARD: Wann sollen erste Erfolge absehbar werden?

Thalhammer: Unser Nahziel ist die EM 2013 in Schweden. Neben der Akademie brauchen wir auch eine starke Frauen-Liga. Und viel Arbeit ist nicht nur in der Spitze, sondern auch in der Breite nötig. In den USA sind 40 Prozent der Kinder, die Fußball spielen, Mädchen. Bei uns sind es fünf Prozent. (DER STANDARD, Printausgabe, Dienstag, 19. Juni 2011)