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Der türkische Ministerpräsident Erdogan will nicht mit der EU reden, solang Zypern die Ratspräsidentschaft inne hat.

Foto: TURKEY OUT EPA/KAYHAN OZER / ANATOLIAN AGENCY

Istanbul - Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will die Beziehungen seines Landes zur Europäischen Union während der zypriotischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2012 einfrieren. "Sechs Monate lang wird es keine Beziehungen zwischen der Türkei und der EU geben", sagte Erdogan der liberalen türkischen Zeitung "Milliyet" (Dienstag-Ausgabe). Völkerrechtlich ist die ganze Insel seit 2004 EU-Mitglied, doch findet das Regelwerk der Union im türkisch besetzten Norden derzeit keine Anwendung.

Das Zypern-Problem gilt als das größte Hindernis für eine weitere Annäherung der Türkei an die EU. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte sich am Wochenende in Istanbul für eine zypriotische Föderation ausgesprochen, die "so bald wie möglich" geschaffen werden solle.

Außenminister fordert "umfassende Einigung"

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu hat bis Ende des Jahres eine "umfassende Einigung" über die Bedingungen einer Wiedervereinigung der Insel gefordert, damit Zypern im Juli 2012 als geeinter Staat die sechsmonatige Ratspräsidentschaft der Europäischen Union übernehmen könne. Die Separatadministration "Türkische Republik Nordzypern" (KKTC) in dem seit 1974 von der türkischen Armee besetzten Inselteil wird nur von der Türkei anerkannt. In den einschlägigen UNO-Resolutionen wird die Wiedervereinigung der Insel in Form eines "bikommunalen und bizonalen" Bundesstaates gefordert, doch die Führung der türkischen Volksgruppe verlangt dagegen eine lose "Konföderation zweier Staaten".

Ein UNO-Wiedervereinigungsplan war 2004 von den griechischen Zyprioten in einem Referendum massiv verworfen worden. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass der Plan dem Großteil der nach der türkischen Militärinvasion 1974 aus dem Norden Vertriebenen beziehungsweise deren Nachkommen die Rückkehr in ihre Heimatorte verwehrte, zugleich aber vorsah, dass ein beträchtlicher Teil der angesiedelten Festlandtürken auf der Insel bleiben kann. Die türkischen Zyprioten hatten für den Plan votiert.

Türkei wenig kompromissbereit

Erdogan machte nun deutlich, dass die türkische Seite heute weniger denn je für Kompromisse zu haben ist. So sagte er, in dem UNO-Plan von 2004 sei die Rückgabe der derzeit zum türkischen Inselteil zählenden Stadt Güzelyurt an die griechischen Zyprioten vorgesehen gewesen. Heute komme dies für ihn nicht mehr in Frage. Auch sei die Türkei 2004 zu einem Truppenrückzug bereit gewesen. Das sei heute ebenfalls ausgeschlossen. Alles müsse neu verhandelt werden.

In dem Interview wurde Erdogan auf einen Vorschlag des zypriotischen Präsidenten Demetris Christofias angesprochen, der gesagt hatte, er wolle sich mit Erdogan am Istanbuler Bosporus in einem Fischlokal treffen und das Zypern-Problem an einem Abend lösen. Erdogan sagte dazu, er lade nicht nur Christofias ein, sondern auch den griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou sowie den türkisch-zypriotischen Volksgruppenführer Dervis Eroglu zu dem Essen ein. "Lasst uns zu viert Fisch essen", sagte er. (APA)