Seit seiner Wahl zum neuen Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft kann sich Fuat Sanaç über viel mediale Präsenz freuen. Der neue Vertreter der österreichischen Muslime ist ein gleichermaßen beliebter und irritierender Gesprächspartner. Doch zeigt der gebürtige Türke wenig Bereitschaft bei kniffligen Fragen klare Positionen zu beziehen. Auch wenn einige seiner Aussagen erfrischend liberal sind, deuten andere wiederum auf erzkonservative oder gar extremistische Einstellungen hin.

"Natürlich sagt der Koran ganz klar, dass Frauen ein Kopftuch tragen sollen", betont der studierte Theologe und lässt damit erahnen, dass er nicht zu jenen gehört, die eine historisch-kritische Lesart der Offenbarungen des Korans bevorzugen. Das Gebot, dass Mädchen ab der Pubertät nicht mehr mit Buben schwimmen gehen dürfen, ist für Sanaç genauso ein unveränderliches religiöses Verbot, wie der Verzicht auf Schweinefleisch. Der neue IGGiÖ-Präsident hat aber auch ein zweites Gesicht. Er wird nicht müde zu wiederholen, dass das Einhalten der religiösen Gebote selbstverständlich immer freiwillig erfolgen muss.

Befremdlich ist außerdem Sanaç‘ Aussage, dass er die Islamische Glaubensgemeinschaft als eine religiöse Institution begreift und er sich als Präsident künftig aus der Politik heraushalten will. Doch gerade in Zeiten, die von polemischen Integrationsdebatten geprägt sind, die immer öfter auf dem Rücken "der Muslime" ausgetragen werden, braucht die IGGiÖ einen Repräsentanten mit klaren politischen Positionen. Wenn Sanaç als IGGiÖ-Präsident die Funktion des offiziellen Sprechers der österreichischen Muslime für sich beansprucht und seine Rolle, wie er im derStandard.at-Interview betonte, vor allem in der "Führung der Gemeinde" sieht, dann wird er sich nicht lange hinter seinen schwammigen und ausweichenden Aussagen verstecken können.

Auch sein zweites Amt als Fachinspektor für den islamischen Religionsunterricht erfordert von ihm klare Vorstellungen über religiöse, politische und ethische Werte, die an die neue Generation weitergegeben werden. Der Religionsunterricht ist in Österreich ausschließlich innere Angelegenheit einer Glaubensgemeinschaft. Somit sind Sanaç und seine Amtskollegen dafür verantwortlich, welches Islam-Bild sie den jungen österreichischen MuslimInnen vermitteln. Eine Aufgabe, deren gesellschaftliche Bedeutung nicht unterschätzt werden darf. (Olivera Stajić, 20. Juli 2011, daStandard.at)