In Deutschland zeichnet sich ein unbefristeter Journalistenstreik ab, DER STANDARD berichtete. Derzeit finden bundesweit von den Journalistengewerkschaften initiierte Urabstimmungen über einen sogenannten Erzwingungsstreik statt. Als erstes haben die Journalisten in Baden-Württemberg abgestimmt und sich zu 98 Prozent für unbefristete Arbeitsniederlegungen ausgesprochen. Hintergrund sind gescheiterte Tarifvertragsverhandlungen. Hauptstreitpunkte waren neue Gehaltstarife für Berufsanfänger und die Kürzung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, die die Arbeitgeber fordern.

Zuletzt hatten die Arbeitgeber eingelenkt und in Aussicht gestellt, auf abgespeckte Einstiegsgehälter zu verzichten, wenn die Gewerkschaften im Gegenzug einer Verschmelzung von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld auf ein Monatsgehalt zustimmen - derzeit belaufen sich die Zahlungen auf 1,75 Monatsgehälter. Einen neuen Gesprächstermin zwischen Arbeitnehmern und -gebern gibt es aber noch nicht.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und die Gewerkschaft Verdi wollen ihrerseits grundsätzlich für die 14.000 Redakteure in Deutschland Einkommensverbesserungen von vier Prozent durchsetzen. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) lehnt das ab und verweist auf die schwierige finanzielle Lage der Blätter. Die Journalisten fürchten die Abwertung des Berufsstandes und eine Gefahr für den Qualitätsjournalismus.

Seit dieser Woche erhöhen die Gewerkschaften ihren Druck auf die Verleger und haben stufen- und länderweise zu Urabstimmungen über unbefristete Streiks aufgerufen. Am Freitag werden die Ergebnisse der Abstimmung in Nordrhein-Westfalen bekanntgegeben - es gilt als wahrscheinlich, dass sich die Journalisten auch dort ebenso wie in Baden-Württemberg für die Arbeitsniederlegung aussprechen. Gleichzeitig finden bei mehreren Titeln bis Sonntag Warnstreiks statt. In der kommenden Woche soll auch in Bremen und Bayern abgestimmt werden. Die Gewerkschaft geht davon aus, dass es zum unbefristeten Streik kommen wird. Im Jahr 2004 hatte ein Streik Redaktionen rund drei Wochen lahmgelegt, die Zeitungen erschienen in abgespeckter Form. Der Arbeitskampf endete damals mit einem Tarifabschluss.

Die Verleger reagierten mit großem Befremden auf den angekündigten Streik. "Die andere Seite will offenkundig den Showdown", sagte der Geschäftsführer des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV), Stephan Bourauel. Der Weg, den die Gewerkschaften beschritten, sei nicht lösungsorientiert, sondern angesichts der schwierigen Lage vieler Zeitungsverlage unverhältnismäßig. (APA)