Die Schweiz lockt. Allein der Urlaub dort ist vielen Wanderern mittlerweile zu teuer. Die Kaufkraft der Gäste aus dem Euroraum ist seit 2009 um ein Drittel gefallen.

Foto: Lugano Tourism

Der starke Schweizer Franken macht der Wirtschaft zunehmend Sorgen. Die Exportindustrie des Landes leidet, und auch der Tourismus bekommt die Folgen des hohen Frankenkurses zu spüren. Die Regierung tue zu wenig dagegen, wird in der Schweiz immer lauter kritisiert.

Nun meldete sich im Boulevardblatt Blick der liberale Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann zu Wort - aus dem Urlaub im Berner Oberland: Er mache selbstverständlich in der Schweiz Ferien, sagte Minister Schneider-Ammann den Reportern, mit denen er am Ufer des Lauenensees bei Gstaad posierte.

Dies ganz im Gegensatz zu vielen ausländischen Touristen, denen der schwache Euro und der hohe Frankenkurs die Lust auf Ferien im alpinen Hochpreisland vergällt haben. Innert zwei Jahren ist der Kurs des Euro gegenüber dem des Schweizer Franken von 1,54 auf das Rekordtief von 1,14 gesunken.

Damit ist die Kaufkraft der Gäste aus dem Euroraum um ein Drittel gefallen; allein im Mai verzeichneten die Schweizer Hotels deshalb einen Rückgang der Logiernächte von deutschen Gästen um zwölf Prozent. Nur dank der zahlungskräftigen Touristen aus Russland, China und Indien fiel der Rückgang nicht noch deutlicher aus.

Zu teuer für die Welt

Auch die stark exportorientierte Schweizer Wirtschaft bekommt die Auswirkungen des starken Franken verstärkt zu spüren. Auf dem Weltmarkt verteuern sich ihre Produkte - die Unternehmen müssen deshalb entweder die Preise senken, oder sie verlieren Aufträge. Die am Donnerstag veröffentlichte Schweizer Außenhandelsstatistik für das erste Halbjahr 2011 zeigt, dass die Exportpreise in dieser Zeit um sieben Prozent zurückgegangen sind.

Die wichtigste Schweizer Exportbranche Chemie und Pharma weist einen Rückgang um zwei Prozent im ersten Halbjahr aus. "Der harte Franken hat mit Sicherheit Einfluss auf die negative Entwicklung", sagte dazu der Branchenverbandssprecher Marcel Sennhauser dem Standard.

Der Verband der Metall- und Maschinenindustrie schätzt, dass mittlerweile ein Drittel der Unternehmen rote Zahlen schreibt. Allein die Uhrenindustrie boomt nach wie vor - sie konnte ihre Ausfuhren um 20 Prozent steigern, auch hier vor allem dank reicher Kunden aus Fernost.

Nicht nur für den Chemie-Vertreter Sennhauser ist deshalb klar: "Eine Negativentwicklung, wie wir sie derzeit erleben, hat unmittelbar Einfluss auf die Gesamtexporte der Schweiz und damit auf die gesamte volkswirtschaftliche Entwicklung der Schweiz."

Längere Arbeitszeiten

Schweizer Konjunkturforscher rechnen mit einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums ab der Jahresmitte. Schon jetzt spüren dies die Angestellten: So haben die Unternehmen damit begonnen, die Arbeitszeit bei gleichen Gehältern zu verlängern. Andere senken die Löhne oder bezahlen die Löhne für die Grenzgänger in Euro statt in Franken. Andere Betriebe wiederum verlegen ihre Produktionsstätten und damit Arbeitsplätze ins Ausland.

"Warum machen Sie nichts, Herr Schneider-Ammann?", fragten die Blick -Reporter den Minister. Man habe bereits einiges getan und prüfe weitere Möglichkeiten, antwortete dieser - doch: "Je diskreter wir handeln, umso besser ist es für die Sache. Dies trägt uns von links bis rechts Kritik ein, aber damit müssen wir leben." (Klaus Bonanomi aus Bern, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.7.2011)