Der französische Gedanke, dass Muammar al-Gaddafi abtreten, aber unbehelligt in Libyen bleiben könnte, ist so skurril, dass er eigentlich nur als Schachzug in einem Verhandlungsspiel verstanden werden kann - oder als Ausdruck der Verzweiflung der an der Seite der Rebellen kriegführenden Länder.

Der Libyer braucht nur westwärts nach Ägypten zu blicken, wo Hosni Mubarak unter vergleichsweise geordneten Verhältnissen die Macht abgab, bestimmt mit der zumindest inoffiziellen Zusicherung der Immunität für sich und seine Familie versehen. Und für Gaddafi, dessen blutiger Krieg gegen seine eigenen Leute nun Monate andauert, soll es jetzt plötzlich eine politische Lösung geben, die nicht einmal das Exil vorsieht? Vielleicht mit Wachmannschaften der neuen Regierung vor seiner Tür, die ihn vor jenen beschützen, die ihn gerne umbringen würden?

Nein, wahrscheinlicher - wenn auch nicht bestätigt - ist da schon, was über Gespräche zwischen Gaddafi-Emissär Bashir Saleh und US-Vertretern durchsickert: dass die Amerikaner ihre Bereitschaft zu verstehen geben, ein Exilland zu akzeptieren, und zwar eines, das den Internationalen Strafgerichtshof, der einen Haftbefehl ausgestellt hat, nicht anerkennt. Davon gibt es ja genug - nicht zuletzt die USA selbst. Für den König von Afrika, wie sich Gaddafi gerne selbst sah, wird aber wohl auf seinem Kontinent ein Land zu finden sein. Wenn er nicht in Libyen stirbt. (Gudrun Harrer /DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2011)