Zagreb/Belgrad - Seine Beinverletzung macht dem prominentesten Untersuchungshäftling Kroatiens immer mehr zu schaffen. Expremier Ivo Sanader hatte sich im Juni in Salzburger Auslieferungshaft bei einem Sturz eine Bänderzerrung zugezogen. Nun ist sogar von einer Sepsis die Rede. Trotzdem wurde Ivo Sanader am Donnerstag im Gefängnis Remetinec in Zagreb erstmals zu den Korruptionsvorwürfen befragt. Er selbst antwortete allerdings nicht auf die Fragen der Korruptionsstaatsanwaltschaft Uskok, sondern ließ sich von Anwälten vertreten.
In Kroatien steht auch das Schicksal eines anderen prominenten Häftlings zur Debatte. Ministerpräsidentin Jadranka Kosor forderte die Auslieferung des in Serbien verhafteten kroatisch-serbischen Exgenerals und Expolitikers Goran Hadžić, dem vom Haager Kriegsverbrechertribunal Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden. Hadžić wurde in Abwesenheit in Kroatien bereits zwei Mal rechtskräftig zu insgesamt 28 Jahren Haft verurteilt, wegen des Beschusses von Šibenik und Vodice und wegen Mordes in Tenja. Kosor will zumindest, dass diese Urteile in Den Haag berücksichtigt werden.
Am Donnerstag stimmte der Angeklagte einer raschen Auslieferung nach Den Haag zu, somit fehlte nur noch die Unterschrift der serbischen Justizministerin Snežana Malović. Seinem Anwalt zufolge soll Hadžić schon heute, Freitag, überstellt werden.
Serbien/Kosovo: Blockade
Die Festnahme von Hadžić ist ein weiterer großer Schritt Belgrad in Richtung EU-Beitritt. Ein Teil in dem regionalen Puzzle ist allerdings noch völlig ungelöst: das Verhältnis zwischen Serbien und dem Kosovo. Erst am Mittwoch war der von der EU vermittelte Dialog an der Frage des Warenverkehrs zwischen beiden Ländern vorerst gescheitert. Er wird erst im September fortgesetzt. Belgrad verweigert die Anerkennung des kosovarischen Zollstempels, um nicht den Anschein zu erwecken, es würde den Kosovo, der sich 2008 für unabhängig erklärte, anerkennen. Prishtina verhängte daraufhin ein Importverbot für Waren aus Serbien - mit enormen Auswirkungen: An den Grenzen stauten sich viele Lkws. (awö/DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2011)