Innsbruck - Die Aufregung war groß. Mitte Juni hatte die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) bekanntgegeben, ihr Portfolio bereinigen zu wollen. Auch zwei Osttiroler Berggipfel, der "Große Kinigat" und der "Rosskopf", sollten um 121.000 Euro verscherbelt werden. Eine deutsche Internetfirma zeigte sich besonders interessiert. Sie wollte die Berge sogar der Gemeinde Kartitsch schenken, diese jedoch als Marketing-Gag in "Ashampoo I" und "Ashampoo II" umbenennen. Die Empörung war groß, gehen die Namen der Berge doch meist weit zurück in die Besiedlungsgeschichte oder auf Pflanzen oder Baumarten.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter (VP) bezeichnete den Verkauf als "Schnapsidee", Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner ließ den Verkauf abblasen. Mittlerweile haben sich die BIG und die Bundesforste geeinigt: Die Osttiroler Berggipfel bleiben in öffentlicher Hand - und behalten auch ihre Namen. Für Peter Haßlacher vom Österreichischen Alpenverein (ÖAV) ist die Diskussion um die Eigentumsrechte an Berggipfeln nicht vorbei, denn: "Es geht um sehr viel Geld."
Bis zur Zwischenkriegszeit waren die Berge keine Cashcows: Es gab keinerlei Überlegungen, wie mit ihnen Geld gemacht werden könnte. Wiesen, Wälder und Felsen im Gebirge befanden sich im Staatsbesitz der ersten Republik. "Wirtschaftlich interessant wurden die Alpen erst nach und nach", erzählt Haßlacher. Denn es entstand der Tourismus. Mit Liften, Hütten und Hotels. "Mittlerweile ist es wichtig, wer welchen Berg besitzt. Als Besitzer hat man Parteienstellung, wenn es um benachbarte Hütten, Wege oder Lifte geht", sagt Haßlacher.
Die Berge inklusive Wälder und Wiesen in Westösterreich, Tirol, Salzburg, Kärnten gehören hauptsächlich dem Alpenverein, den Bundesforsten und Gemeinden. In Ostösterreich besitzen adelige Familien und die Kirche Berge, Hügel und Wälder. Einige Berge stehen im Besitz klingender Namen: 44.000 Hektar besitzt etwa die Familie Esterházy, über 32.000 gehören den Mayr-Melnhof-Seraus. Das Stift Admont besitzt immerhin noch 25.500 Hektar. Und auch die Familien Liechtenstein (25.000 Hektar) und Schwarzenberg (20.000 Hektar) haben nicht unwesentliche Teile der Republik.
Wem welcher Berg genau gehört, sei aber geheim und auf öffentlichen Karten nicht ausgewiesen, so Haßlacher. Großgrundbesitzer sind auch die Bundesforste mit 861.000 Hektar, das sind immerhin rund zehn Prozent der Fläche des Bundesgebietes. Etwas weniger besitzt die Stadt Wien mit 58. 000 Hektar. Der Alpenverein hat 33.500 Hektar an Bergen. Diese gelangten aber nicht durch Erbschaften oder Ankäufe, sondern durch Schenkung in Besitz des AV. "Unseren Besitz lassen wir ruhen", sagt Haßlacher, Geld werde keines gemacht. So sei ein Großteil des Alpenvereins-Bergbesitzes in den Nationalpark Hohe Tauern eingegangen.
Auch "Hausmeisterpflichten" hätten Bergbesitzer nicht. Der ÖAV mache allerdings auf "seinen" Bergen "Frühjahrs-" und "Herbstbegehungen", um zu sehen, ob Wege oder Brücken begehbar sind. Und die Berge im Land sind ungehindert begehbar. Geregelt ist das in Landesgesetzen. Trotzdem gibt es immer wieder Diskussionen um eine sogenannte Gipfelmaut. Für Haßlacher wird das auf Österreichs Berggipfeln aber "eine Idee" bleiben. "Denn im Gegensatz zum Gipfeltourismus im Himalaya müssen wir der örtlichen Bevölkerung nichts zurückgeben. Im Himalaya müssen allein Unsummen für Transporte und die Reinigung der Base-Camps ausgegeben werden." (Verena Langegger/DER STANDARD, Printausgabe, 23./24. Juli 2011)