Graz - In Graz steht eine Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil an, das Präzedenzfall-Charakter haben könnte: Wie der "Kurier" in seiner Freitag-Ausgabe berichtete, hat im April "erstmals" ein heimisches Gericht DemonstrantInnen gegen legale Schwangerschaftsabbrüche wegen Stalking verurteilt. Ein Grazer Gynäkologe, vor dessen Praxis demonstriert worden war, hatte Strafanzeige erstattet. Gegen die erstinstanzlichen Urteile - Geldstrafen zwischen 400 und 7.200 Euro - gegen zwei Männer und zwei Frauen wurde berufen. Ein Termin für die Berufungsverhandlung am Oberlandesgericht Graz steht noch nicht fest.

Angehörige zweier Organisationen, die gegen legale Schwangerschaftsabbrüche eintreten, sollen zwischen 2009 und 2010 immer wieder vor der Praxis des Arztes demonstriert haben. Als die sogenannten Lebensschützer eine Wohnung über der Arztpraxis gekauft hatten, sei ihm "mulmig geworden", so der Mediziner. Auch Patientinnen hätten sich von den DemonstrantInnen belästigt gefühlt.

Präzedenzfall möglich

Im April fällte ein Grazer Strafrichter in dem Prozess dann ein Urteil, das weitreichende Folgen haben könnte. Der 59-jährige Geschäftsführer einer der Organisationen, ein 41-jähriger Student sowie zwei Frauen, 31 und 41 Jahre alt, wurden wegen Stalkings verurteilt. Sollte dieses Urteil im Instanzenzug halten, wäre es ein Präzedenzfall: "Unter beharrlicher Verfolgung in Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen lief bisher nichts. Zwangsmaßnahmen nach dem Sicherheitspolizeigesetz, wie Betretungsverbot und Wegweisung, sind in Wien, nicht aber in Graz möglich", hieß es.

Der Richter erklärte, dass der Fall nun beim Oberlandesgericht Graz anhängig sei. Er sei überzeugt, dass das Urteil inhaltlich bestätigt werde. Für eine Stellungnahme war am Landesgericht Graz am Freitagnachmittag niemand mehr zu erreichen. Die verurteilte Gruppe von vier Personen wird dem "Kurier" zufolge von Ewald Stadler, auch Abgeordneter des BZÖ, vertreten, was von Seiten der Partei bestätigt wurde. (APA)