Bild nicht mehr verfügbar.

Finanzminister George Osborne hat allerdings nach eigenen Angaben einen Plan, der Stabilität garantiere.

Foto: AP

London - Das magere Wirtschaftswachstum in Großbritannien schürt die Sorgen vor einem Rückfall in die Rezession und den Folgen des harten Sparkurses. Im zweiten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorquartal lediglich um 0,2 Prozent zu, wie das nationale Statistikamt am Dienstag nach vorläufigen Berechnungen mitteilte. Auf Jahressicht wuchs die Wirtschaft um 0,7 Prozent - und damit so wenig wie seit Anfang 2010 nicht. Die schlechten Zahlen erhöhen den Druck auf die britische Regierung, Mittel zu finden, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Inflation zu begrenzen. Die Notenbank jedenfalls wird ihr Pulver wegen des wackligen Aufschwungs wohl trocken halten.

Großbritanniens Finanzminister George Osborne betonte in einer Reaktion auf die BIP-Zahlen, die Regierung habe einen Plan, der Stabilität garantiere. Sollten die Sparmaßnahmen beendet werden, würden Jobs und Wachstum riskiert. Mit Hilfe einer Rentenreform, massenweise Stellenstreichungen und Steuererhöhungen will das Land mehr als 80 Mrd. Pfund (90,7 Mrd. Euro) einsparen und das riesige Haushaltsdefizit abbauen. An diesem Kurs hält die Regierung trotz Großdemonstrationen im ganzen Land fest. Osborne entnahm den Daten auch Gutes: "Die positive Nachricht ist, dass die Wirtschaft wächst und Stellen geschaffen werden." Noch Ende vorigen Jahres war das BIP um 0,5 Prozent gesunken. Zu Jahresanfang kehrte die Wirtschaft mit plus 0,5 Prozent wieder in die schwarzen Zahlen zurück.

Finanzmarkt zufrieden

Am Finanzmarkt hatten viele Anleger mit den mageren Daten gerechnet. "Berücksichtigt man die Auswirkungen der königlichen Hochzeit Ende April, die etwa ein Viertel Prozentpunkt Wachstum gekostet hat, sind die Zahlen gar nicht so weit davon entfernt, ansehnlich zu sein", sagte Philip Shaw von Investec. Das Pfund legte zu und der Gilt-Future gab nach.

Vor allem die Industrieproduktion sorgte im zweiten Quartal für schlechte Nachrichten. Sie brach wegen der Abkühlung der Weltwirtschaft und einer verhaltenen Nachfrage auf dem Heimatmarkt um 1,4 Prozent ein. Auf der anderen Seite konnten die Dienstleister um 0,5 Prozent zulegen. Damit hinkt die britische Wirtschaft anderen großen Industriestaaten in der Euro-Zone hinterher. Martin Weale, Mitglied im geldpolitischen Rat der Bank of England (BoE), warnt sogar vor einem Rückfall in die Rezession. "Es wäre naiv zu sagen, dass es dieses Risiko nicht gäbe, schließlich haben wir einen solchen Rückfall auch schon während früherer Erholungsphasen erlebt", sagte er dem "Handelsblatt". Die BoE-Prognosen zeigten, dass die Notenbank das Risiko eines "Double Dip" sehe. "Man könnte sogar argumentieren, dass die britische Wirtschaft bereits in diesem Winter kurz vor einer solchen Situation stand", betonte Weale.

Unterdessen macht den Briten vor allem die Teuerung zu schaffen. Die Inflation liegt mit 4,5 Prozent mehr als doppelt so hoch wie von der Notenbank angestrebt. Allerdings deutet derzeit nichts auf eine Lohn-Preis-Spirale hin, die die Inflationserwartungen anheizen könnte. Daher rechnen Experten nicht vor dem Jahresende mit einer Zinswende. (Reuters)