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Säbelrasseln am Heldenplatz: Der Aufmarsch am 8. Mai sei "keine Versammlung" gewesen, meint die Innenministerin

Foto: AP/Punz

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Unpolitischer "Kultus" mit Politikern: FPÖ-Landtagsabgeordneter hielt "Totenrede"

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Wer in Österreich an einer Versammlung teilnimmt, darf keine Waffen oder waffenähnlichen Gegenstände bei sich tragen. So will es der Paragraf 9a des Versammlungsgesetzes. Warum aber durften jene rund 300 Burschenschafter, die am 8. Mai mit Fackeln und FPÖ-Politiker-Ansprachen ihr alljährliches "Totengedenken" am Heldenplatz abhielten, dennoch Säbel bei sich tragen? Wo diese doch „geeignet sind (...), Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben" (Gesetzeswortlaut, Anm.)?

Auf diese Frage gibt es nun eine überraschende Antwort der Innenministerin: Der Aufmarsch der schlagenden Verbindungen sei gar keine Versammlung gewesen, sondern eine kulturelle Veranstaltung zur öffentlichen Belustigung. Und für diese sehe das Gesetz eine explizite Ausnahme vom Waffenverbot vor. Dies erklärte Johanna Mikl-Leitner in einer an den Grünen Albert Steinhauser gerichteten Anfragebeantwortung.

Grüne: "Umgehung des Gesetzes"

Eine Erklärung, die Steinhauser amüsiert: Angesichts der „lächerlichen Klamaukverkleidungen der Burschenschafter" wäre Mikl-Leitners Erklärung ja "grundsätzlich nachvollziehbar", meint der Abgeordnete. Der Jurist ortet jedoch eine Umgehung des Gesetzes. Die Ausnahmebestimmung bezieht sich konkret auf „öffentliche Belustigungen, Hochzeitszüge, volksgebräuchliche Feste oder Aufzüge, Leichenbegängnisse, Prozessionen, Wallfahrten und sonstige Versammlungen oder Aufzüge zur Ausübung eines gesetzlich gestatteten Kultus, wenn sie in der hergebrachten Art stattfinden". 

Doch was genau ist damit gemeint? Ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 1985 hilft weiter: Auf Versammlungen „nicht bloß Volkslieder, sondern auch Lieder politischen Inhaltes zu singen, vor allem aber eine Ansprache mit politischen Themen zu halten", sei jedenfalls ein klarer Hinweis, dass es sich um keine Zusammenkunft der oben genannten Art handle. Die VfGH-Entscheidung bezieht sich auf eine offenbar deutschnational gefärbte Sonnwendfeier im Bezirk Tulln im Juni 1984. Dass auf jener Sonnwendfeier überdies "eine größere Zahl der Teilnehmer in einer Art Uniform erschien", gab den Ausschlag dafür, dass die Verfassungsrichter sie zur Versammlung im Sinne des Gesetzes erklärten.

Die Judikatur sei also eindeutig, meint Steinhauser, der sich wundert, dass der Mai-Aufmarsch, der "einen der größten Polizeieinsätze des Jahres" ausgelöst habe, "außerhalb des Versammlungsgesetzes abgehalten werden darf". Die Grünen planen, nach der Sommerpause des Nationalrats eine Folgeanfrage einzubringen.  (mas, derStandard.at, 26.7.2011)