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Freude bei den Rebellen.

Foto: File/AP/dapd

Tripolis/Wien - Libyen macht den Stopp der NATO-Luftangriffe zur Bedingung für Gespräche mit den gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi kämpfenden Rebellen. "Diese Aggression muss unverzüglich enden, ansonsten können wir keinen Dialog führen und keine Probleme in Libyen lösen", sagte Ministerpräsident Al-Baghdadi Ali Al-Mahmoudi am Dienstagabend vor Journalisten in Tripolis. Zugleich schloss er einen Rückzug Gaddafis aus. Dessen Position sei kein Verhandlungsgegenstand, betonte der Regierungschef.

Unterdessen kündigte die NATO Angriffe auf zivile Einrichtungen in Libyen an, die nun durch die Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi militärisch genutzt würden. "Die Gaddafi-Truppen besetzen zunehmend Einrichtungen, die einst zivilen Zwecken dienten", sagte der Militärsprecher des NATO-Einsatzes in Libyen, der kanadische Oberst Roland Lavoie am Dienstag.

Dabei handle es sich um frühere Ställe, landwirtschaftliche Einrichtungen, Lagerhäuser, Fabriken und Produktionsanlagen für Lebensmittel. "Indem es diese Einrichtungen besetzt und missbraucht hat, hat das Regime sie zu militärischen Anlagen gemacht, von denen aus es Angriffe führt und leitet", sagte Lavoie am Dienstag in einer ins NATO-Hauptquartier in Brüssel übertragenen Video-Pressekonferenz. Damit hätten diese Einrichtungen ihren "einst geschützten Status verloren und sind zu zulässigen und notwendigen militärischen Zielen der NATO geworden".

Die NATO veröffentlichte am Dienstag Aufklärungsfotos von einer Zementfabrik in der Nähe von Brega, zwischen deren Fabrikhallen über längere Zeit hinweg immer wieder Raketenwerfer nach deren Einsätzen versteckt worden seien. Die Fabrik sei auf diese Weise zu einer militärischen Anlage "umgewidmet" worden. Vor allem in der Nähe von Brega und Misrata versuchten die Gaddafi-Truppen auch, den Vormarsch der Rebellen durch Beschuss aus großer Entfernung, Landminen und brennende Ölgräben in einer Weise aufzuhalten, die nicht zwischen Zivilbevölkerung und Anti-Gaddafi-Einheiten unterscheide.

Der britische Außenminister William Hague wollte unterdessen einen Verbleib von Gaddafi in Libyen nicht mehr ausschließen, falls dieser die Macht abgebe. Über das Schicksal Gaddafis müsse das libysche Volk entscheiden, sagte Hague am Montagabend nach einem Treffen mit seinem französischen Amtskollegen Alain Juppe in London. Es stehe jedoch außer Frage, dass Gaddafi die Macht abtreten müsse. Großbritannien hatte bisher auch die Exilierung Gaddafis aus Libyen gefordert.

Die libyschen Rebellen hatten sich zuvor am Montag im Falle eines Machtverzicht von al-Gaddafi entgegen ihrer bisherigen Position offen für dessen Verbleib in Libyen gezeigt. "Gaddafi kann in Libyen bleiben, aber es wird Bedingungen geben", zitierte das "Wall Street Journal" den Chef des Nationalen Übergangsrats, Mustafa Abdel Jalil. Die Rebellen würden festlegen, wo Gaddafi und seine Familie sich aufhalten dürften und wer sie überwache. Bisher hatten die Aufständischen stets gefordert, dass Machthaber Gaddafi Libyen verlassen müsse.

Die Rebellen kritisierten die Haltung Ägyptens gegenüber Gaddafi. Kairo habe es nämlich verabsäumt, die Konten Gaddafis und seiner Angehörigen zu sperren. "Die ägyptische Regierung hat unsere diesbezüglichen Ansuchen ignoriert", zitierte eine ägyptische Zeitung am Dienstag Ali al-Essawy, einen Spitzenfunktionär der Rebellenregierung in Bengasi. Wie viel Geld Gaddafi in Ägypten versteckt halten könnte, ist unbekannt.

In der Auseinandersetzung mit dem libyschen Machthaber konnten die Rebellen zuletzt Erfolge erzielen. Am Sonntag hatten Truppen der Rebellen Einheiten Gaddafis nahe dem Dorf Gualitsch rund 100 Kilometer südlich der Hauptstadt Tripolis zurückgeschlagen. Der Ort war in den vergangenen Wochen wiederholt zum Schauplatz für Kämpfe geworden. Die Rebellenregierung in Bengasi übernahm zudem am Montag die Kontrolle über die libysche Botschaft in Bulgarien. Der zu Gaddafi loyale Botschafter in Sofia sei aus dem Botschaftsgebäude vertrieben worden, berichten Augenzeugen. (APA/Reuters)