Der freiheitliche Europa-Abgeordnete Andreas Mölzer über das "Manifest" des Attentäters von Norwegen: "Es ist ja nicht gesagt, dass alles, was der zusammenkopiert hat, grundsätzlich falsch sein muss."

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Andreas Mölzer spricht sich nach den Anschlägen von Norwegen für eine Abrüstung der Worte aus. Warum, das erklärt er im Interview mit Rainer Schüller.

derStandard.at: Sie haben die Anschläge von Norwegen in Ihrem Blog als "ganz normalen Wahnsinn" bezeichnet. Was ist da Normales dran?

Mölzer: Das war nur ein Terminus. Die Betonung liegt auf Wahnsinn. Die Tat ist eine wahnsinnige Tat. Ob der Mann wahnsinnig ist oder nicht, müssen die Ärzte feststellen.

derStandard.at: Haben Sie das sogenannte "Manifest" gelesen?

Mölzer: Das tu ich mir nicht an. Ich habe aber in einigermaßen seriösen Zeitungen, wie in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, nachgelesen, wo das ein oder andere Detail drinnen stand. Das ist auch eine Sache des Wahnsinns. Man kann alles zusammen kopieren, und sich dann drauf berufen. Das ist eine irre Sache.

derStandard.at: Wieso glauben Sie, hat er die FPÖ erwähnt?

Mölzer: Na ja. Er hat ja auch viele andere Dinge erwähnt. Zum Beispiel die Freimaurer oder die Tempelritter.

derStandard.at: Aber warum konkret die FPÖ?

Mölzer: Er hat viele andere auch genannt. Die Einschätzung, dass das alles eine Folge des Rechtsextremismus und des Rechtspopulismus ist, ist natürlich sehr einseitig. Das bedeutet, dass mit so einer wahnsinnigen Tat, bei der nahezu hundert Menschen gestorben sind, politisches Kleingeld wechseln will. Ich halte das für sehr schäbig.

Es wäre genauso schäbig, wenn man sagen würde, dass an dieser Tragödie jene schuld sind, die die Islamisierung und die multikulturelle Gesellschaft befördern. Das hielte ich für genauso absurd und unzulässig. Genauso unzulässig finde ich den Vorwurf, Leute, die sich demokratisch legitimiert und unter bewusstem Gewaltverzicht gegen Islamisierung und Massenzuwanderung wenden, sind an solchen Wahnsinnstaten schuld.

derStandard.at: Die FPÖ nimmt sich grundsätzlich kein Blatt vor den Mund und wechselt gerne politisches Kleingeld.

Mölzer: Das ist eine diffamierende Behauptung, wenn Sie behaupten, die FPÖ instrumentalisiert solche Dinge.

derStandard.at: Kennen Sie die Facebook-Seite von Werner Königshofer?

Mölzer: Nein, ich kenne nur meine. Sie schlagen den Bogen vom Massenmord in Norwegen auf die Facebook-Seite vom Werner Königshofer und dann behaupten Sie, Sie wollen die FPÖ nicht anpatzen. Geh!

derStandard.at: Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete hatte in einem Facebook-Posting die Attentate in Relation zur "islamistischen Gefahr" gestellt – und diese habe "in Europa schon tausendmal öfter zugeschlagen".

Mölzer: Ich studiere wie gesagt die Facebook-Seite von Herrn Königshofer nicht. Aber ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, Ereignisse wie Massenmorde zu vergleichen oder zu relativieren. Wenn Königshofer einen Zusammenhang festgestellt hat, heißt das aber auch nicht, dass er den Anschlag gut geheißen hat, oder?

derStandard.at: Nein.

Mölzer: Dann sind wir uns ja einig.

derStandard.at: Der Attentäter hat sich auch bei seinen "Brüdern und Schwestern" in Österreich bedankt. Wer könnte das Ihrer Meinung nach sein?

Mölzer: Schauen Sie, ich kenne diesen Herren nicht. Da nimmt einfach ein irres Geschreibsel auf jemand Bezug. Ich hatte diese Debatte schon einmal in den 90er-Jahren bei der Briefbombengeschichte. Wo die obskure bajuwarische Befreiungsarmee elendslange Briefe verschickt hat, von denen man bis heute nicht weiß, aus welcher Giftküche sie stammten. Ob es nicht doch ein Geheimdienst oder eine linke Ideenwerkstatt war. Da wurde ich selber seitenweise zitiert.

derStandard.at: Fuchs war aber zum Unterschied von Breivik kein Mitglied einer rechten Partei.

Mölzer: Breivik ist aber dann ausgetreten. Und war auch Mitglied einer Freimaurer-Loge, das erwähnen Sie nicht.

derStandard.at: Das haben wir bereits berichtet.

Mölzer: Na sehr gut, gratuliere.

derStandard.at: Was Islamkritik betrifft ist die FPÖ grundsätzlich die Partei mit den schärfsten Ansagen. Susanne Winter wurde wegen Verhetzung sogar verurteilt.

Mölzer: In Bezug auf die Aussagen von Winter habe ich damals zuallererst gesagt, dass die so nicht im Raum stehen bleiben können. Aber abgesehen davon: Ob wir jetzt schärfere Worte benützen oder nicht, das ist eine Sache. Tatsache ist, dass der militante Islamismus in Europa eine gefährliche Sache ist, deshalb kann man aber jetzt wegen dieser Irrsinnstat nicht sagen, jede Kritik ist ab jetzt unzulässig. Das ist doch ein Unding.

derStandard.at: Liefert die FPÖ nicht durch ihre überspitzten Formulierungen oder durch Verhetzung wie zum Beispiel von Frau Winter, den "Wahnsinnigen" Futter?

Mölzer: Ich bin sehr wohl der Meinung, dass man verbal abrüsten sollte. Und man muss sehr aufpassen, weil es auf allen Seiten, ob links oder rechts, Wahnsinnige gibt, die glauben sich daraus ihr Gedankenkonstrukt zu machen und mit Gewalt tätig werden zu müssen. Das ist eine Gefahr. Nur: Diese Abrüstung der Worte kann auch keine einseitige sein. Ich gehöre nun schon seit langer Zeit einer politischen Bewegung an, in der ich als Nazi, als Radikaler, als Rechtsextremist bezeichnet werde, da regt sich niemand auf. Auch die andere Seite hätte es notwendig abzurüsten.

derStandard.at: Wer genau ist die andere Seite?

Mölzer: Die Linke, die Politisch Korrekte, die Mainstream-Medien, der Standard, Sie zum Beispiel.

derStandard.at: Ist das nicht ein Pauschalurteil, das Sie da fällen?

Mölzer: Ich kann Ihnen durch Zitate belegen, dass wir oft als Rechtsextremisten bezeichnet werden.

derStandard.at: Man kann jemanden aber auch nur als Rechtsextremist bezeichnen, wenn er das auch ist. Ansonsten kann der Betroffene das juristisch bekämpfen. Der Standard und auch ich arbeiten da sehr genau.

Mölzer: Das ist eine eher naive Sicht der Dinge.

derStandard.at: Der Bundespräsident hat gestern in einem Interview indirekt die FPÖ kritisiert und zu einer Mäßigung aufgerufen. Wenn Sie für eine Abrüstung der Worte sind, werden Sie sich also an die Aufforderung von Heinz Fischer halten?

Mölzer: Ich finde auch die Rhetorik der SPÖ nicht in Ordnung, und auch die Positionen des Bundespräsidenten nicht immer akzeptabel. Ich finde, er sollte manche seiner Positionen überdenken, das ist in einer Demokratie erlaubt.

derStandard.at: Im Zuge der Anschläge in Norwegen fordern SPÖ und ÖVP eine Verschärfung der Anti-Terrorgesetze. Von der FPÖ kommt dahingehend keine Forderung, obwohl Ihre Partei so gut wie immer eine Verschärfung fordert. Was ist da los?

Mölzer: Es ist politische Sommerpause, das erschwert Einiges. Wir sind für den konsequenten Kampf gegen den Terror. Wir wissen auch, dass es in Europa von rechts kaum Terror gibt. Wir sind für eine konsequente Bekämpfung jeglichen Terrors. Ich warne aber davor, dass man den Kampf gegen den Terror dazu benützt, um normale Bürger zu bespitzeln.

derStandard.at: Ich lese Ihnen am Schluss ein Zitat vor: "Wer Political Correctness bekämpft, muss die Wahrheit verkünden. Etwa, dass Gewalttaten überproportional oft von Muslimen begangen werden." Woher stammt das Ihrer Meinung nach?

Mölzer: Keine Ahnung. Das könnte ich gesagt haben. Weil der muslimische Terror in letzter Zeit leider häufig ist, das wird Ihnen jeder Staatsschutz bestätigen.

derStandard.at: Das Zitat stammt aus dem "Manifest" von Breivik.

Mölzer: Es ist ja nicht gesagt, dass alles, was der zusammenkopiert hat, grundsätzlich falsch sein muss. In der Summe liegt die Gefahr. Und in dem, was er daraus gemacht hat, nämlich Massenmord. (derStandard.at, 27.7.2011)