Bild nicht mehr verfügbar.

Phelps am Weg zu seiner ersten Goldenen.

Foto: EPA/BARBARA WALTON

Genau einen Finger hat Michael Phelps als Ausdruck höchster Zufriedenheit zaghaft in die Luft gehalten. Und auch den nicht einmal ausgestreckt. Kein Grinsen zierte sein Gesicht, nachdem er im Finale über 200 m Delfin in 1:53,34 Minuten als Erster vor dem Japaner Takeshi Matsuda (+0,67 Sekunden) angeschlagen hatte. Keine geballte Faust schoss aus dem Wasser und wurde den frenetisch jubelnden 18.000 Fans im Oriental Sports Center präsentiert. Und auch sonst zeigte der Körper keinerlei Anzeichen freudiger Erregung.

Dabei gewann der 26-jährige US-Amerikaner nach der bitteren Niederlage gegen seinen schärfsten Widersacher Ryan Lochte über 200 m Kraul sein erstes Gold in Schanghai. "Michael ist König auf dieser Distanz", hatte Dinko Jukic nach seinem siebenten Platz eine Erklärung für dessen verhaltene Reaktion parat. Phelps ist Siege über diese Distanz so gewohnt wie Tennisspieler Rafael Nadal Erfolge bei den French Open. Der WM-Titel in China ist sein fünfter über 200 m Delfin. Und Lochte war nicht sein Gegner. Der hätte die Freude wohl gesteigert.

Jukic langsamer als im Halbfinale

Hätte Dinko Jukic irgendeine der drei Medaillen gewonnen, er wäre wahrscheinlich mit einem Wahnsinnssatz direkt aus dem Pool herausgesprungen. Der 22-jährige Wiener war aber nicht enttäuscht, obwohl er im Vorfeld mit seiner überhaupt ersten WM-Medaille auf der Langbahn spekuliert hatte. "Von eins bis acht war alles möglich. Nur dass ich eine halbe Sekunde langsamer als im Halbfinale geschwommen bin, kann mich vielleicht ein bisschen ärgern. Im vollen Stadion ist doch ein bisschen Aufregung dazugekommen." Auf eine Medaille fehlten dem Kurzbahn-Europameister 0,81 Sekunden, auf Dominator Phelps riss er 2,24 Sekunden auf. "So nah war ich noch nie dran", sagte Jukic.

Bis zu den Olympischen Spielen in London, die in genau einem Jahr eröffnet werden, gedenkt Jukic "noch einiges zu tun", um den Rückstand weiter zu verringern. Ob er das Großereignis überhaupt in Angriff nehmen kann, entscheidet sich für den Sportstudenten am 3. August. Jukic muss sich wegen eines angeblich verweigerten Dopingtests der Anhörung bei der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) unterziehen. Eine Verweigerung gilt als positive Probe, das Strafmaß beträgt bis zu zwei Jahre. Jukic beharrt darauf, dass die Kontrolleure Richtlinien missachtet und vor dem vereinbarten Zeitpunkt der Dopingprobe gegangen sind. Zumindest steht keine Medaille aus Schanghai auf dem Spiel, die bei einem etwaigen Schuldspruch aberkannt werden müsste. (David Krutzler aus Schanghai, DER STANDARD Printausgabe 28.07.2011)