Ganz lieb. Die Regierung strebt mit den Oppositionsparteien einen Pakt gegen rassistische und ausländerfeindliche Hetze an. "Alle sollen Nein zur Hetze sagen", fordern Kanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger in einem gemeinsamen Interview im Kurier.

FPÖ, BZÖ und Grüne haben natürlich sofort abgelehnt, die einen, weil die Hetze ihr täglich Brot ist, die anderen, weil sie vollkommen zu Recht nicht an solche Regierungsvorgaben glauben. Denn sehr schnell kann legitime Kritik an der Regierung oder an anderen Institutionen als "Hetze" denunziert werden. Wenn man etwa die Äußerungen der Lehrergewerkschaft betrachtet, so ist jede leise Kritik sofort eine "Hetze gegen den Lehrerstand" .

Jeder weiß, was echte Hetze ist und wer sie betreibt. Auch diejenigen, die die Hetzparteien wählen und die Hetzzeitungen lesen, wissen ganz genau, was sie da unterstützen. Es stört sie aber nicht, weil sie - sehr österreichisch - glauben, ein bisserl Hetze - gegen unliebsame Bevölkerungsgruppen, gegen bestimmte Politiker oder auch Künstler und Intellektuelle - könne nicht schaden, man dürfe halt nur nicht übertreiben. Wenn dann ein politischer Psychopath die Hetze doch ernst genommen hat und entsprechend handelt, war es ein "bedauerlicher Einzelfall".

Österreich hat ein Defizit an zivilisierter öffentlicher Debatte, und das ist mit lauwarmen, unfokussierten Appellen nicht zu beseitigen. (DER STANDARD; Printausgabe, 28.7.2011)