Michael Adams.

Foto: DER STANDARD/Tobias Müller

STANDARD: Die Uno verhandelt seit drei Jahren mit der kenianischen Regierung über ein weiteres Flüchtlingslager neben Dadaab, bis heute hat keines aufgesperrt. Warum?

Adams: Weil die Regierung fürchtet, dass immer mehr Menschen kommen, wenn sie weitere Camps bauen. Kenia ist in der Flüchtlingsfrage gespalten. Das Land hat viel Geduld und Großzügigkeit gezeigt, aber man kann das Lager auch als Sicherheitsrisiko sehen: Mit so vielen Menschen ohne Job gibt es viel Potenzial für radikalislamische Gruppen.

STANDARD: Abgesehen von Kenias Regierung - was denken die Menschen über das Lager?

Adams: Bei manchen ist es nicht gerade beliebt. Das Land, auf dem die Camps stehen, wird von lokalen Gruppen als Weide benutzt. Andere sehen die Häuser und Schulen im regulären Bereich des Lagers: eine bessere Infrastruktur als die, die viele Kenianer haben. Bei den Wahlen 2012 könnte das Lager Thema werden.

STANDARD: Dadaab wurde vor 20 Jahren für 90.000 Menschen gebaut, heute leben dort etwa 400.000 Menschen. Wie wird das in 20 Jahren aussehen?

Adams: Das Lager in und um Dadaab ist derzeit die drittgrößte Ansiedlung Kenias, in 20 Jahren könnten sie leicht Mombasa überholt haben und die zweitgrößte sein. Care verrichtet im Lager seit zwei Jahren eine Arbeit wie in einer Stadt.

STANDARD: Wird sich die Lage in Somalia in absehbarer Zeit bessern?

Adams: In den vergangenen Jahren sind die radikalislamischen al-Shabaab-Milizen stärker geworden, die Dürre trifft aber alle. Hoffentlich nimmt die internationale Gemeinschaft die Gelegenheit wahr, nicht nur die Ernährungssituation in dem Land zu verändern, sondern auch die politische. (Tobias Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 28. Juli 2011)