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Erstes Begräbnis eines Utöya-Opfers in der Nähe Oslos. Eine Freundin trägt das Bild der 18-jährigen Bano Rashid.

Foto: Reuters/Rattay

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Breivik, im Hintergrund, auf dem Weg zur ersten Vernehmung.

Foto: Foto:Scanpix Norway, Morten Holm/AP/dapd

Während Angehörige der Anschlagsopfer von Utöya trauern, schließt die Polizei weiter nicht aus, dass der Attentäter Komplizen hatte. Kritik wird an den Medien laut: Sie hätten bei Interviews mit Betroffenen "Jagd auf Storys" betrieben.  

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Oslo - Das Ergebnis der rechtspsychiatrischen Untersuchung des Attentäters von Norwegen soll bis zum 1. November vorliegen. Das hat die Polizei am Freitag mitgeteilt. Anders Behring Breivik war am Morgen unter rigorosen Sicherheitsvorkehrungen zum zweiten Verhör seit seiner Festnahme nach den Anschlägen gebracht worden. Wie bereits zuvor sei der Täter "ruhig und bereit zu erklären, was er getan hat", sagte Staatsanwalt Pål-Fredrik Hjort Kraby auf der Pressekonferenz der Polizei in Oslo.

Ob Breivik allein gehandelt oder Komplizen gehabt hat, sei aus den Gesprächen bisher nicht hervorgegangen, hieß es weiter. Zuvor war bekannt geworden, dass Breivik über den Bombenanschlag in Oslo und das Massaker auf der Insel Utöya hinaus für den 22. Juli ursprünglich weitere Anschläge geplant hatte. Verteidiger Geir Lippestad sagte der Zeitung Aftenposten, sein Mandant habe im Zuge der Befragungen von Vorhaben erzählt, zwei weitere Gebäude zu bombardieren.

Opferzahl auf 77 erhöht

Sämtliche Toten sind inzwischen identifiziert worden. Freitagabend wurden die letzten 36 Namen von Getöteten veröffentlicht. Alle Opfer seien identifiziert und die Angehörigen unterrichtet, sagte die Polizei. Die Opferzahl wurde von 76 auf 77 korrigiert. Ein Schwerverletzter war gestorben.

Mit der 18-jährigen Bano Rashid wurde Freitagnachmittag in Nesodden in der Nähe von Oslo das erste Opfer des Massakers begraben. Die gebürtige Kurdin, die 1996 mit ihrer Familie nach Norwegen gekommen war, wurde mit einer christlichen und einer muslimischen Zeremonie geehrt.

Ebenfalls am Nachmittag fand in einem bis auf den letzten Platz gefüllten Volkshaus in Oslo die sozialdemokratische Trauerfeier für die Opfer statt. "Am vergangenen Freitag war unsere Insel voller Furcht, Weinen, Schmerz und Tod" , so ein merkbar bewegter Eskil Pedersen, Vorsitzender des Jugendverbandes der Partei, der das Massaker überlebt hatte. "Aber am 22. Juli 2012 sind wir wieder dort."

Dem Wunsch, nach vorn zu blicken und die Demokratie zu stärken, verleihen die Norweger auf vielfältige Weise Ausdruck. So verzeichnen alle Parlamentsparteien einen regen Mitgliederzulauf. Kritik geht an die Adresse der Medien: Die Jagd nach der Story habe die Rücksicht auf das Befinden Betroffener bisweilen in den Hintergrund treten lassen, so bei Interviews mit geschockten Jugendlichen kurz nach der Tragödie. Der Programmdirektor des öffentlich-rechtlichen NRK, Arne Kalbakk, räumte ein, die Berichterstattung sei ein "schwieriger Balancegang".

"Manifest" voll von Plagiaten

Unterdessen hat die schwedische Tageszeitung Svenska Dagbladet das "Manifest" des Täters einer Plagiat-Analyse unterzogen. 40 Prozent des über 1500 Seiten umfassenden Pamphlets sind demnach aus Blogs, historischen Abhandlungen und Sprengstoff-Rezepten zusammengewürfelte Zitate. Breivik sei "extrem faul, er kopiert alles hinein, was in sein Weltbild passt", zitierte das Blatt den Terrorismus-Forscher Magnus Ranstorp. (Anne Rentzsch/DER STANDARD, Printausgabe, 30.7.2011)