In der Mitte des 19. Jahrhunderts brauchte man um in Frankreich einzuwandern nur einen Pass: Fragen nach etlichen Bestätigungen, Referenzen oder gar vorhandenen finanziellen Mitteln waren damals unvorstellbar. Dieser Einwanderungsprozess wurde im Laufe der Zeit durch politische Beschlüsse maßgeblich verändert und durch Bürokratie zunehmends erschwert.
Andererseits kamen aber auch ökonomische und soziokulturelle Faktoren hinzu, die Migranten besonders in wirtschaftlichen Krisenzeiten zu attraktiven Arbeitskräften machten. So geschah es zB. um 1830 mit den Polen, die per bilateralem Abkommen nach Frankreich gingen um dort auszuhelfen - mit den Portugiesen und Italienern war es kaum anders. Die ehemaligen Kolonien aus dem Maghreb und Zentralafrika waren ebenfalls prägend für die französische Wirtschaft. In Frankreich war der Status "der Neuen" allerdings stets umstritten, spätestens Ende des 19. Jahrhunderts mit der Etablierung der Nationalstaaten und der Konsolidierung der dritten Republik wurden sie als Problem-Thema auf die politische Agenda gesetzt.
Das Spiel mit den Vorurteilen
Dabei ist das Spiel mit den Vorurteilen ein alter Hut: Die "Angst vor den Fremden" war schon immer da. So sprachen große Teile des Establishments und der Presse von "unintegrierbaren" oder "potentiellen Straftätern" auch von "Krankheitsübermittlern" oder externen, die alle Arbeitsplätze für sich beanspruchen wollen war die Rede. Diese xenophobischen Unwahrheiten hielten sich hartnäckig.
Vor diesem Hintergrund wurde das Palais de la Porte Dorée 1931 als Kolonialmuseum und tropisches Aquarium gegründet - damals noch als "Museum der Kolonien", mit besonderem Fokus auf afrikansiche und ozeanische Kunst. Die Cité in ihrer heutigen Form, entstand nach dem Willen der Zivilgesellschaft und zahlreichen Intellektuellen, die sich damit einen Ort schaffen wollten, die ihre Geschichte und Herkunft für die breite Öffentlichkeit sichtbarer macht.
Die Cité als Institution
Im Jahr 2007 wurde die Cité Nationale de l´Histoire de l´Immigration als eine Institution für Geschichte und Kultur in Frankreich gegründet. Ihre Aufgabenbereiche umfassen: ein wissenschaftliches Forschungszentrum, internationale Konferenzen zum Thema, Konzerte und Shows, sowie eigene Magazine und Bücher. Hauptziel ist es, das Vielfältige Frankreich auch politisch und institutionell zu verankern. Als visueller Arm verstehen sich dabei die öffentlich zugänglichen Sonder- und Dauerausstellungen. Diese variieren je nach thematischer und historischer Schwerpunktsetzung.
Repéres
Die ständige Ausstellung "Repéres" beschäftigt sich in drei Teilen mit dem Thema Migration. Der erste Teil geht der Frage nach, warum Menschen ihr Ursprungsland verlassen und welche Schwierigkeiten mit dem Aufnahme-Staat und der Aussenwahrnehmung durch die "Einheimischen" entstehen können. Der Zweite Part zeigt Lebenswelten - im Besonderen die Arbeitswelt und das Verhältnis der Einwandererkinder zum Sport. Der letzte Teil der Dauerausstellung beschäftigt sich mit dem alltäglichen Leben, Literatur, Musik und religiösen Praktiken der neuen Franzosen. Die individuelle Geschichte wird stellvertretend als die gesamte Geschichte der Migrantengenerationen dargestellt.
Frankreichs "Wir-Gefühl"
Die Botschaft, die die Cité laut Eigendefinition vermitteln möchte ist, dass die Migranten das Land "aufgebaut und mitgestaltet" haben und somit eine "vielgestaltige Nation" entstanden ist.
Frankreich versteht sich selbst als ein assimilatives Einwanderungsland, daher gibt es keine "Minderheiten". Die Kirche wird seit 1905 nicht mehr öffentlich unterstützt, der französische Republikanismus ist zur "Zivilreligion" avanciert: Der Glaube an die Nation und der "Republique" sind wichtige Pfeiler dieser Idee. Dabei ist diese Herangehensweise nicht ganz wertfrei, denn falls jemand gegen diese republikanischen Werte verstößt, lassen - je nach regierender Partei - Sanktionen nicht lange auf sich warten.