Christian Keuschnigg, liberaler Ökonom mit Mission.

(Foto: Universität St. Gallen)

Foto: Universität St. Gallen

Komplexe ökonomische Zusammenhänge in einfache Botschaften verpacken - das ist eine der vielen Fähigkeiten, die der Chef eines Instituts für Konjunkturprognosen besitzen muss. Für Christian Keuschnigg, den designierten Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS) in Wien, dürfte zumindest das kein Problem sein: Erst vor wenigen Wochen referierte der Professor für Nationalökonomie der Uni St. Gallen an der dortigen Kinderuni. Keuschniggs selbst gewähltes Thema: "Robin Hood und der Finanzminister".

Ob der 52-jährige Vater von Zwillingen tatsächlich 2012 den einflussreichen Job in Wien übernehmen wird, ist freilich noch nicht fix: Keuschnigg, der sich selbst als "liberaler Ökonom" bezeichnet und der in den 1990er-Jahren bereits am IHS tätig war, muss sich erst mit seinem derzeitigen Arbeitgeber arrangieren. Er möchte nämlich die IHS-Leitung in Wien und die Professur in St. Gallen, die er seit dem Jahr 2000 innehat, unter einen Hut bringen.

Dass die IHS-Leitung nur mehr einen Teilzeitjob wert ist, spricht im Übrigen nicht unbedingt für das Ansehen der 1963 gegründeten Einrichtung, deren beste Zeit schon länger zurückliegt. Damals war das Institut unter anderem Karrieresprungbrett für Dutzende spätere Professoren der Soziologie, Politikwissenschaft und Ökonomie - wie eben auch Keuschnigg selbst.

Zwischen seiner Zeit am IHS und der Professur in St. Gallen lehrte und forschte er unter anderem in Bonn, Saarbrücken, Princeton und Oxford. Die Arbeiten des aus St. Johann in Tirol stammenden Wirtschaftsprofessors mit Schwerpunkt Finanzwissenschaften gelten in Fachkreisen als fest im ökonomischen Mainstream verankert.

Womöglich verfüge er über ein besseres Wissen über traditionelle ökonomische Modelle als der Noch-IHS-Chef Bernhard Felderer, meint ein Insider. Felderer findet ebenfalls nur lobende Worte für seinen präsumtiven Nachfolger: Keuschnigg sei "eine sehr gute Wahl" und ein "stark theoretischer Forscher, der in allgemeinen Sätzen kommunizieren kann."

Keuschnigg selbst sieht seine Stärken auch eher in der Forschung als in der Lehre. Als Chef des Instituts für Höhere Studien würde er freilich auch als Forschungsmanager gefordert sein. Die künftige Finanzierung der ehemaligen akademischen Eliteschmiede ist - apropos "Robin Hood und der Finanzminister" - alles andere als gesichert. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30./31.7.2011)