Salzburg - Es gibt Werke, die eigentlich nicht einfach gespielt und vor allem nicht einfach so gehört werden können - vielmehr erzwingen sie von allen ein spezielles Sich-auf-sie-Einlassen. Das war vor 18 Jahren so, als der damalige Zeitfluss-Veranstalter Markus Hinterhäuser Luigi Nonos Prometeo in Salzburg erstmals landen ließ. Und das war nun am Samstag in der Kollegienkirche nicht anders, als der nunmehrige Festspiel-Intendant Hinterhäuser den Zyklus "Der fünfte Kontinent" mit diesem komplexen Werk eröffnete.

Luigi Nono bereitet einem mit dieser "Tragödie des Hörens" (1984 durch Dirigent Claudio Abbado uraufgeführt) ein elementares Hörerlebnis von zweieinhalb Stunden, in dem friedvoll-klare Stimmpassagen, Sprecher und ein Block aus mehreren Instrumentalgruppen das Publikum "umzingeln", das inmitten des sakralen Raumes wie auf einem Hörschiff sitzt und durch die bisweilen ereignisvolle Ereignislosigkeit der Strukturen in einen Zustand des gespannten Innehaltens versetzt wird.

Zart und eruptiv

Raum und Musikstruktur müssen hier eine sinnvolle Einheit bilden, und man hört es: Hier wurde der Raum so aufwändig wie elegant erobert, Chor, Instrumentalgruppen (Ensemble Modern Orchestra) und Live-Elektronik verschmelzen jederzeit zu suggestiver Einheit. Entscheidend: Dirigent Ingo Metzmacher (einst auch bei der Zeitfluss-Aufführung dabei) und die Dirigentin Matilda Hofman organisieren diese einmal am fast Unhörbaren entlang fließende, dann wieder mit eruptiven Blechbläserflutungen überwältigende Musik delikat. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD - Printausgabe, 1. August 2011)