Florian Novak

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Erste deutschlandweite Radios starten am Montag im neuen digitalen Übertragungsstandard DAB+ und mit ihnen ein österreichisches Programm: Lounge FM von Florian Novak. Novak rechnet im Gespräch mit dem STANDARD mit Folgewirkungen für Österreich.

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STANDARD: Montag starten die ersten deutschlandweiten Radioprogramme - allerdings im neuen, digitalen Übertragungsstandard DAB+. Warum sollen sich Menschen, die in ihrem Haushalt jedenfalls ein halbes Dutzens Ukw-Geräte haben, die gut funktionieren und schon relativ viele Sender liefern, neue Empfangsgeräte zulegen?

Novak: Ganz einfach: Neue Programme und neue Inhalte im Radio gibt es nur mit den neuen Empfangsgeräten. Das Angebot an neuen - übrigens erstmals in der deutschen Geschichte - bundesweiten Privatradiosendern kann sich durchaus hören lassen: Ein eigenes Fussballradio, das auf mehreren Kanälen sämtliche Spiele der Bundesliga live überträgt, eine breite Palette an Musiksendern von Techno über Klassik bis Rock und wertvolle redaktionelle Angebot von Deutschlandradio sind nur einige von vielen Beispielen, die das neue Digitalradio bringt. Visuelle Zusatzdienste am Radio sind dazu nettes Beiwerk. Wir freuen uns, dass wir mit unserem relaxten Programm LoungeFM einen kleinen Beitrag zu mehr Vielfalt leisten dürfen.

STANDARD: Deutschland hat vor Jahren schon teure, aber erfolglose Anläufe zu Digitalradio unternommen. Warum glauben Sie diesmal an Erfolg?

Novak: Die Diskussion war jahrelang von der falschen Seite her aufgezäumt: Man wollte Digitalradio als bessere Technologie für Radiogenuss in CD-Qualität etablieren. Nur: Für die UKW-Radio Hörerinnen und Hörer ist das kein Mehrwert. Den Mehrwert bieten die Inhalte. Dazu kam: Die Vorgängertechnologie war zwar für den Empfang im Auto ausreichend, aber innerhalb von Wohnungen und Häusern nicht verlässlich empfangbar. Nun ist die Technologie ausgereifter, die Sendeleistung erhöht und der Sendebetrieb dennoch günstiger.

STANDARD: Wie kommt ein eher kleines österreichisches Privatradio mit Frequenzen in Wien, Oberösterreich, Kärnten und Präsenz im Web auf die Idee, plötzlich deutschlandweites Programm zu machen?

Novak: Das Bedürfnis der Hörerinnen und Hörer nach einem Radioprogramm, das nicht nervt, macht vor der deutsch-österreichischen Grenze nicht halt. Das zeigen die Hörer-Zahlen im Webradio seit Jahren. Der Schritt nach Deutschland ist für uns als Nischenplayer eine enorme Wachstumschance. Wir haben daher den deutschen Landesmedienanstalten vor eineinhalb Jahren ein Angebot unterbreitet. Uns freut´s, dass es angenommen wurde.

STANDARD: Und wie finanzieren Sie diese Expedition in den zehnmal größeren Markt?

Novak: In einem ersten Schritt trauen wir uns zu, das neue 24-Stunden-Programm für Deutschland in der bestehenden Struktur zu stemmen. Glücklicherweise greift die Endgeräteindustrie uns Privatradios substanziell unter die Arme. Eine klassische Win-Win-Situation: Mit neuen Inhalten gibt es eine nachvollziehbare Motivation den Radioempfang upzugraden, wir rühren dafür gemeinsam für Philips, Pure, Bosch & Co die Werbetrommel.

STANDARD: Wieviel Geld wird denn für das Montag startenden DAB+ in Deutschland insgesamt investiert - und von wem?

Novak: Die ARD mit ihren regionalen Sendern haben für für die Einführung von DAB+ in den kommenden Jahren rund 24 Millionen Euro bewilligt bekommen , das öffentlich-rechtliche Deutschlandradio, das bis zu vier Programme bundesweit betreibt, rund 12 Millionen.
Im Vergleich dazu investieren die Privaten, die ja ohne Gebühren auskommen und den Druck der Refinanzierung haben, einen Bruchteil.

STANDARD: Man kann davon ausgehen, dass Sie auch in Österreich Digitalradio machen wollen, schon weil - auch für Sie - damit mehr Frequenzen verfügbar wären. Wann ist damit in Österreich zu rechnen?

Novak: Ob wir uns auch in Österreich bei Digitalradio engagieren, ist offen, und hängt von mehreren Faktoren bb. Ein erfolgreicher Launch des neuen Übertragungsstandards gelingt nur, wenn die wesentlichen Player an einem Strang ziehen und gemeinsam für neue inhaltliche Angebote sorgen. Auch die Privaten müssten hier über ihren Schatten springen, um gemeinsam mit dem ORF die gesetzliche Voraussetzungen für mehr Programmvielfalt von beiden Seiten schaffen. Mit dem Erfolg in Deutschland wird sich sicherlich auch die Bereitschaft in Österreich erhöhen.

STANDARD: In Deutschland sind öffentlich-rechtliche Sender mit vielen Programmen - regional und national - und ordentlich Geld bei DAB+ an Bord. In Österreich stehen sich die größten Radiomacher - ORF und Kronehit - offenbar auf der Bremse. Wie erklären Sie sich das?

Novak: Besitzstandswahrung ist eben auch in unserem Land kein Fremdwort. Wenn es um die Verteidigung von Marktpositionen geht, ist für viele Radiomacher das Leben eben plötzlich kein Hit mehr. Mit Blick auf andere Märkte kommt das nicht überraschend: Die meisten etablierten Player beginnen meistens erst zu Laufen, wenn der internationale aktive Mitbewerber vor der Tür steht, um Digitalradio zu etablieren. Der langfristige Vorteil ist aber auch für die etablierten Marktteilnehmer nicht von der Hand zu weisen: Die Verbreitung ist auf Grund des geringeren Energieverbrauchs umweltfreundlicher, die Kosten bewegen sich bei einem Zehntel.

STANDARD: Sehen Sie auch Unterstüzer von DAB+ in Österreich?

Novak: Meine Beobachtung ist: Wem die Weiterentwicklung von Radio am Herzen liegt, der verfolgt die Einführung von Digitalradio mit viel Sympathie. Davon gibt es in Österreich gar nicht so wenige, wie mir viele persönliche Gesprächen zeigen. Wird Deutschland zum Erfolg, wird in Österreich die Zahl der Unterstützer die kritische Größe erreichen. Bekanntermaßen auch dank jener, die es dann eh schon immer gewusst haben. (Harald Fidler; DER STANDARD; Printausgabe, 1.8.2011)