Noch ist das Gerasdorfer Einkaufsressort eine Megabaustelle: Auf dem geschwungenen Dach wird Folie verlegt.

Foto: Der Standard/Urban
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Gerasdorf/Wien - Gletscherbrille, Sonnencreme, Sicherheitsseil - nein, Gerasdorf bei Wien ist kein neuer Alpinistentreff. Aber Bauarbeiter auf der geschwungenen Dachkonstruktion des Einkaufsressorts G3, dessen Rohbau in den vergangenen Monaten an der Brünner Straße aus dem Boden gewachsen ist, brauchen eine Bergsteigerausrüstung. Die helle Folie, die derzeit oben verlegt wird, ist rutschig und reflektiert auch wenig Sonnenlicht wie frisch gefallener Schnee. Ein Winter noch, dann soll das letzte neue Mega-Einkaufszentrum Niederösterreichs im kommenden Jahr aufsperren: 200 Shops auf 70.000 Quadratmetern, 1600 Arbeitsplätze und 4000 Parkplätze.

Noch aber sind zu Spitzenzeiten mehr als 1000 Arbeiter auf der 750 Meter langen und 140 breiten Baustelle am Werk. Momentan duftet es überall nach Holz. "Steirische Fichte", sagt Almira Paliæ von der Bauleitung und deutet nach oben. 11.500 Kubikmeter Holz hat die vom Architektenbüro ATP entsonnene Dachwelle verschlungen - was dem G3 auch das Prädikat "größte Holzbaustelle Europas" verleiht.

200 Millionen Euro

Als Bauträgerin investiert die Bauträger Austria Immobilien Gmbh (BAI) 200 Millionen Euro in den modernen Einkaufstempel, der gemeinsam mit dem bereits fertigen Fachmarktzentrum und dem längst etablierten Hornbach das G3 bildet. Mann könnte auch sagen, dass es die Geburt des letzten Dinosauriers ist, denn Shoppingcenter auf der grünen Wiese werden in Niederösterreich seit der Änderung der Raumordnung nicht mehr genehmigt. Das Landeskonzept sieht statt dessen die Förderung von Nahversorgerzentren in den Ortskernen vor, um die abgewanderte Kaufkraft zurückzuholen.

Das G3 war knapp vor der Änderung abgesegnet worden - die Freude aus Wien hielt sich in Grenzen, hat doch allein der Norden der nahe gelegenen Bundeshauptstadt mit der Shopping City Nord, dem Donauzentrum und dem Gewerbepark Stadlau schon drei Komplexe, die um Kunden wetteifern. Die Gemeinde Gerasdorf darf jedenfalls mit einem fetten Plus bei den Kommunalsteuer-Einnahmen rechnen.

Die Ekazent Immobilienmanagement GmbH, die in Wien etwa auch die Ringstraßen-Galerien betreut, ist jedenfalls überzeugt davon, dass das ökologischer Nachhaltigkeit zugrundeliegende Konzept in Gerasdorf aufgehen wird. Gekühlt wird mit Grundwasser, geheizt mit Biomasse, beleuchtet mit neuester LED-Technologie. Unter dem Holzhimmel wird es viel Glas und Grün geben. Neben dem üblichen Branchenmix soll auch ein "Marktplatz der Region" entstehen. Und die angestammten Haubenlerchen und Blutspechte erhalten begrünte Dachbereiche sowie hochstämmige Kirschenbäume im Parkplatzbereich.

Geht man von einer Dreiviertelstunde Anfahrtszeit aus, hat das G3 ein Einzugsgebiet von bis zu 2,2 Millionen möglichen Kunden. Wenn diese rund 260 Millionen Euro pro Jahr dalassen, geht der erhoffte Umsatz auf.

Leuchtende Warnung

Erfolgsgarantien gibt es freilich nie. Die Pleite des Outlet-Centers Leoville in Leobersdorf bei Baden gilt in der Branche immer noch als leuchtende Warnung. Die Mall für billige Designerkleidung hatte 2008, nur drei Jahre nach Eröffnung, schließen müssen, weil die Kunden ausgeblieben waren. Kommendes Jahr im Herbst soll Leoville als EKZ wiedereröffnen, der Unternehmer Christian Blazek aus Reichenau hat bereits 500.000 Euro in das Projekt gesteckt. (Michael Simoner, DER STANDARD; Printausgabe, 2.8.2011)