-> Die ersten Hindernisse in Bildern.

Foto: Michael Eisenriegler

Leicht verkatert ging es also auf die Autobahn in Richtung Prag, Brünn und Krakau. Zwischen Prag und Brünn die ersten Schreckminuten: Nach dem Tanken startet das Auto plötzlich nicht mehr. Nichts bewegt sich.

Reinhard telefoniert hektisch mit Herrn Josef, unserem befreundeten Automechaniker in Wien. "Habt's an Hammer?" ist die entscheidende Frage. Kein Problem, Reinhard sucht den Starter, schlägt einmal mit dem Hammer drauf, der UNIMOG startet wieder. "If you can't fix it with a hammer, it must be the electricity" lautet eine alte Weisheit der UNIMOG-Fahrer. "Reinhard fixed the electricity with a hammer" melden wir nach Wien zurück.

Etwa 70 Kilometer vor der polnischen Grenze: dasselbe Problem. Herrn Josefs Methode funktioniert leider nicht mehr, der Motor rührt sich nicht.

Wir bleiben also über Nacht auf der Autobahn-Tankstelle. Am nächsten Morgen tut sich noch immer nichts. Mehrere Versuche, das Auto anzuschleppen, scheitern. Wieder hektische Telefonate mit Herrn Josef.

Er meint, er habe einen Freund in Polen, er lebt am Land zwischen Krakau und Tarnów und der könne uns weiterhelfen. Wir lassen den UNIMOG auf einen Abschleppwagen verladen und buchen die Reise nach Polen, diesmal nicht auf eigener Achse. Ein teures Vergnügen, aber was sollen wir machen?

Dem Bär geht die Luft aus

Polizeikontrolle kurz nach der polnischen Grenze. Der Polizist misst die Gesamthöhe des Gefährts und befindet, dass es ganze zehn Zentimeter zu hoch ist. Einzige Lösungsmöglichkeit: Die Luft aus unseren Reifen auslassen. Nach über einer Stunde geht es mit vier leeren Reifen auf dem Rücken eines Sattelschleppers weiter durch Polen.

Wir treffen in Senisławice ein, einem Kaff mit vielleicht 100 Einwohnern, malerisch an der Weichsel gelegen. Andreas, Josefs Freund, begrüßt uns und lotst den Abschleppwagen auf den großen Bauernhof seines Nachbarn, wo der Gobi Bär zunächst wieder aufgepumpt und dann abgeladen wird. Bald ist klar: Der Startermotor ist hinüber, wir brauchen einen neuen.

Nervöse Suche nach Ersatz

Reinhard und Andreas grasen die Umgebung nach verfügbaren Startermotoren ab. Feuerwehrautos und Mähdrescher werden genauso unter die Lupe und auseinandergenommen, wie die völlig überwachsenen Privatlager von ortsansässigen Bastlern. Leider ohne Erfolg. Die letzte Chance ist der - ebenfalls in seiner Privatwohnung operierende - örtliche Autoelektrik-Guru aus der Nachbarstadt Busko-Zdrój. Er hat in seiner Werkstatt ein Teil, das passt - beinahe. Es passt doch nicht. Er bestellt einen neuen Startermotor, will aber seine Quelle nicht nennen. Die Lieferung per Boten dauere zwölf bis 24 Stunden. Wir werden langsam wirklich nervös.

Tags darauf wird das Teil am späten Nachmittag zugestellt. Der Guru versichert uns, am nächsten Morgen bis spätestens zehn Uhr alles fertig zu haben. Wir schöpfen Hoffnung. Tatsächlich, es funktioniert wie geplant. Der fertige Starter ist schnell wieder eingebaut. Andreas weiß, wie eilig wir es mittlerweile schon haben. Um 11 Uhr 30 verlassen wir den Bauernhof mit über drei Tagen Verspätung gegenüber unserer ursprünglichen Planung.

Kaution für den Gobi Bär

Jetzt haben wir wieder Nerven, uns dem nächsten anstehenden Problem zu widmen. Als wir den UNIMOG in Deutschland kauften und anmeldeten, wussten wir noch nicht, dass die Ukraine deutsche Ausfuhrkennzeichen gar nicht gerne sieht. Der Zoll verlangt hohe Kautionen für den Transit derartiger Autos, bis zu 10.000 Euro in Grivna, der - nicht konvertierbaren - Landeswährung. Bei Inanspruchnahme der Dienstleistungen darauf spezialisierter Agenturen werden bis zu 20.000 Euro fällig. Wir hatten bereits im Vorfeld mit Unterstützung durch das ukrainische Konsulat in Wien und unter Vermittlung durch die österreichische Außenhandelsstelle in Kiew versucht, das Problem irgendwie in den Griff zu bekommen. Letzter Stand: Wir müssen an der Grenze 5.000 Euro von unserem Konto überweisen, die wir beim Verlassen der Ukraine wieder zurück überwiesen bekommen würden. Ein für uns vertretbarer Kompromiss.

Wir kommen um 17 Uhr 15 zur Grenze. Stau, soweit das Auge reicht. Über fünf Stunden benötigen wir inklusive aller Formalitäten alleine auf der polnischen Seite. Mitten in der Nacht geht es dann zum ukrainischen Zoll. Wir werden erwartet. Sobald wir unsere Pässe und Dokumente herzeigen, kommen vier Herren und bitten uns im Laufschritt in einen schmuck- und fensterlosen Büroraum im Keller des Zollgebäudes. Nach ukrainischer Zeit ist es bereits nach ein Uhr morgens, in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Es ist nebelig und es regnet in Strömen.

Rätselhafter Geldverkehr

Wir wissen nicht, wie uns geschieht. Es ist niemand da, mit dem wir sprechen könnten, nur zwei Mitarbeiter der Zollgarantie-Firma, die sich mit uns via Google Translate mehr schlecht als recht verständigen. Nach einer halben Stunde kommt endlich ein höherer Zollbeamter, der hervorragendes Englisch spricht. Seine Botschaft ist eindeutig: Entweder wir zahlen 5.000 Euro in bar, oder wir bleiben zumindest zwei Nächte an dieser Grenze, denn seine Vorgesetzten seien erst am Montag wieder erreichbar. Wir haben keine 5.000 Euro und stellen uns schon geistig darauf ein, wieder mal auf den Krankenliegen des Gobi Bären campieren zu dürfen.

Was dann geschieht ist uns nicht ganz klar. Michael wird zum Schalter der örtlichen Raiffeisen-Filiale gebeten, um dort fünf Euro einzuzahlen.

Fünf Euro, nicht fünftausend. Es werden hektisch Formulare getippt und Michael muss eine Verpflichtungserklärung unterzeichnen, wonach das Auto bis 5. August das Land wieder zu verlassen habe. Das war's. Das war's? Wir können es nicht fassen und haben keine Ahnung, was zu diesem Sinneswandel geführt hat. Jedenfalls geht es gegen drei Uhr morgens endlich Richtung Lemberg. Der Gobi Bär ist wieder unterwegs.