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Schweizer Franken

Foto: Reuters

Wien - Der Kurs des Schweizer Franken ist am Dienstag auf ein neues Rekordhoch geklettert. Im Vormittagshandel fiel der Eurokurs bis auf 1,0989 Franken, das war der tiefste Wert seit Gründung der Gemeinschaftswährung. Im vergangenen Jahr hat der Euro rund 25 Prozent an Wert gegenüber dem Franken verloren - allein in der vergangene Woche betrug der Verlust rund vier Prozent.

Der Kursverfall tangiert nicht nur Anleger, sondern stellt Millionen Kreditnehmer und ganze Volkswirtschaften vor Probleme:

Kreditnehmer in Österreich

Etwa jeder vierte Haushaltskredit in Österreich notiert in Franken. Die meisten Hypotheken sind mit einem endfälligen Tilgungsträger ausgestattet. Das heißt während der Laufzeit der Darlehen müssen die Schuldner nur die Zinsen bedienen. Erst bei der Rückzahlung des Gesamtbetrages bekommen sie das Währungsrisiko zu spüren. Analysten warnten am Dienstag, dass ein Ende des Franken-Höhenfluges nicht in Sicht sei.

Vor einem Jahr bekam man für einen Euro 1,40 Franken. Derzeit sind es nur 1,10. "Es ist möglich, dass der Euro Parität zum Franken erreicht und sogar noch tiefer rutscht", meint Valentin Hoffstätter von der Raiffeisenbank-International. "Viele Kreditnehmer waren der Meinung, dass der Franken gar nicht noch weiter steigen kann. Das ist leider falsch." Als Hauptursache der Euroschwäche gelten die Probleme in den Schuldenländern Italien und Co.

Konsumentenschützer der Arbeiterkammer warnen davor, einen Frankenkredit übereilt in Euro zu konvertieren. Empfohlen wird in der Regel ein persönlicher Belastungstest: Haushalte, die ein weiteres erstarken des Franken nicht umhauen würde, könnten im Fremdwährungskredit bleiben und auf Normalisierung hoffen. Möglich ist auch die Ansparleistung (für den Tilgungsträger) zu erhöhen oder neben den laufenden Zinszahlung Kapitalraten zur Rückzahlung zu leisten.

Kreditnehmer Osteuropa

Unangenehmer ist die Situation in Ungarn und Polen. In Ungarn wurden 70 Prozent der Hypothekenkredite in Fremdwährungen vergeben, die meisten in Franken. Ähnlich ist die Lage in Polen. Tilgungsträger gibt es keine. Das heißt, die Monatsraten steigen mit jeder Kursveränderung. Wegen des Drucks auf die Häuselbauer hat die ungarische Regierung eine einmalige Lösung mit den Banken vereinbart: Festgelegt wurde ein fiktiver Forint-Franken-Kurs von 180 (obwohl der Kurs derzeit über 240 liegt). Schuldner können ihre Kreditraten zum fiktiven Kurs tilgen und den Differenzbetrag zum realen Kurs (der sich stetig ansammelt) erst nach 2015 bezahlen. Aber: Der Staat haftet dafür, dass Kreditnehmer nach 2015 auch bezahlen. Die Franken-Stärke könnte also Ungarns Haushalt schwer belasten.

Schweizer Wirtschaft

Bisher hat die Schweizer Wirtschaft die Frankenstärke gut vertragen. "In den vergangenen zwei Monaten bekommt die Exportwirtschaft den Druck aber zu spüren", meint der Ökonom Heinz Hauser von der Uni St. Gallen. "Noch ist die Arbeitslosigkeit nicht gestiegen. Aber wir sollten die Warnrufe ernst nehmen." (András Szigetvari, DER STANDARD, Printausgabe, 3.8.2011)