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Ägyptische Polizei hinter einem Plakat mit Bildern von während der Revolution getöteten Demonstranten.

Foto: Nasser Nasser/AP/dapd

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Ahmed Rifaat, der vorsitzende Richter: dem Druck der Straße standhalten.

Foto: Egyptian State TV/AP/dapd

Beobachtende internationale Juristen sind sich im Prinzip einig: Der Prozess gegen Hosni Mubarak entspricht dem Grundsatz der Verantwortlichkeit eines Staatsführers im Sinne der Uno-Erklärung von 2005 und ist nicht nur aus formalrechtlicher Sicht völlig in Ordnung, sondern sogar zu begrüßen.

Es sei auch richtig - so ein europäischer Diplomat und Jurist zum Standard -, wenn sich Mubarak nach innerstaatlichem ägyptischem Recht zu verantworten habe, wobei einiges "gewöhnungsbedürftig" für den Zuseher von außen sein wird, wie die Bilder des auf einer Bahre liegenden Angeklagten in einem Käfig (der aber in Ägypten üblich ist). Und natürlich bleibt im europäischen Fall die prinzipielle Ablehnung der Todesstrafe, die Mubarak droht, sollte er für den Schießbefehl auf die Demonstranten verurteilt werden.

Amnesty International hat an die ägyptische Justiz appelliert, für einen fairen Prozess zu sorgen. "Man wird das Verfahren genau beobachten müssen", ist dazu die Haltung von europäischen Juristen, aber man solle den Ägyptern einen Vertrauensvorschuss gönnen.

Von der Qualität der Richter zeigt sich Habib Nassar vom International Center for International Justice in New York überzeugt: "Es gibt in Ägypten sehr gute Richter, die auch der Einflussnahme unter Mubarak widerstanden haben". Die Richter im Mubarak-Prozess, erzählt Nassar, der soeben aus Kairo zurückgekommen ist, dem Standard, würden jedoch über den Druck der Straße klagen: "Sie befürchten, dass viele Menschen nicht am Prozess, sondern nur am Urteil interessiert sind." Der leitende Richter Ahmed Rifaat pochte wiederholt darauf, dass es beim Verfahren gegen Mubarak und seine Mitangeklagten um Recht gehe und sonst um nichts.

Nassar, der ebenfalls betont, dass vom ägyptischen rechtlichen Standpunkt anscheinend alles in Ordnung ist, hat jedoch Bedenken, ob die Atmosphäre im Land dem Prozess guttut. Dabei sei es so wichtig für Ägypten, dass der Prozess fair sei und "Fehler und Praktiken, die unter Mubarak üblich waren, nicht wiederholt werden. Wozu ist sonst der Wechsel gut, wenn die Rechtspraxis die gleiche bleibt?"

Eine Gefahr besteht gerade in der Geschwindigkeit, die sich viele Ägypter von ihrer Justiz wünschen: Das Recht der Verteidigung könnte darunter leiden. Manche Anklagepunkte sind sehr kompliziert. Andere Beobachter haben da weniger Bedenken: Die Anwälte Mubaraks seien alle Vollprofis.

Die Staatsanwaltschaft bekommt, spricht man mit ägyptischen Beobachtern, ein weniger gutes Zeugnis ausgestellt: von Mubarak ernannt, in seinem Dienste, und jetzt wieder im Dienst der Macht, das heißt, des herrschenden Militärrats. Für Mubarak könnte das letztlich wiederum nützlich sein - denn es bleibt noch immer zu sehen, ob die Militärs wirklich zulassen, dass einer der Ihren abgeurteilt wird.

Nicht umsonst hat der Anwalt Mubaraks am ersten Tag sofort beantragt, den Vorsitzenden des Militärrats, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, als Zeugen zu vernehmen. Davon, dass die Militärs Mubarak bei seinem Rücktritt am 11. Februar versprochen haben, dass ihm nichts passieren werde, kann man ausgehen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, Printausgabe, 4.8.2011)