Mahlzeit!

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Seit knapp einer Woche esse ich also wieder - was beweist, dass ich es durch die fünf Tage Nahrungsenthaltsamkeit davor nicht verlernt habe. Ich bin zwischendurch auch schon wieder ein richtig braver Esser. Dem Ritual, stets die letzten Reste aus dem Topf zu kletzeln, bin ich weiter treu. Selbst dann, wenn sich ein Hungergefühl nicht einmal mehr visualisieren lässt. Aber ich esse und ernähre mich seit meiner Fastenerfahrung wieder etwas bewusster.

Und genau darum geht es - um eine Erfahrung, die reicher macht, an Wissen übers Leben. Darum rate ich allen meinen Freundinnen und Freunden, Verwandten und Bekannten nicht davon ab, sich einmal eine Woche auf - mehr oder weniger - nichts zu reduzieren. Nicht marktschreierisch oder gar messianisch, sondern im Sinne einer Selbsterfahrung, bei der Mäßigung, Ruhe, Stille, aber durchaus auch Äußerlichkeiten mitspielen.

Weniger aufgeschwemmt im Gesicht

Denn natürlich bin ich nicht von jeglicher Eitelkeit befreit und freue mich, wenn die Leute sagen: "Du schaust fünf Jahre jünger aus, bist nicht mehr so aufgeschwemmt im Gesicht, deine Haut ist viel reiner und dein Schwimmreifen viel kleiner". Wobei Äußerlichkeiten nur die halbe Miete sind - wahre Schönheit kommt bekantlich von innen. Im Ernst: Ich habe durch das Fasten mein Leben nicht radikal auf den Kopf gestellt und bin auch nicht von allen Versuchungen geheilt wie Hesses Siddharta. Ich bin nur wieder in Bewegung gekommen: körperlich, mental und sozial. Und genau das bereitet mir Freude. 

Der radikalste Wandel war sicher mit dem Rauchen aufzuhören. Auch jetzt kurz vor Ende der ersten Arbeitswoche, die zwischendurch schon wieder durchaus hektisch war, bin ich der Verlockung noch kein einziges Mal erlegen. Selbst beim Biertrinken nach dem wöchentlichen Fußballspielen war der Reiz nur kurz präsent, weil ich genau weiß, dass ein bisserl Rauchen bei mir einfach nicht geht. Mal schauen, wie hart das bei der ersten Party wird.

Einer anderen Versuchung habe ich nicht widerstehen können: Das Extrawurstsemmerl mit Gurkerl schmeckt mir immer noch, am besten kurz nachdem es etwas stressig war. Offen hingegen habe ich noch das Käsleberkässemmerl und das Wiener vom Schwein mit Petersilienerdäpfel. Aber Letzteres behalte ich mir für einen Besuch bei der Mama auf. Schließlich hab ich dort ja gelernt, wie´s schmecken soll, drum freu ich mich so besonders drauf. Mahlzeit - auch wenn Sie jetzt fasten gehen. (Martin Obermayr, derStandard.at, 5.8.2011)