Standard: Mattersburg, Bochum, Mainz, jetzt Schalke. Und das alles in nur drei Jahren. Haben Sie manchmal das Gefühl, zu schnell unterwegs zu sein?
Fuchs: Nein. Da steckt viel Fleiß dahinter, ich habe mir die Transfers erarbeitet, die Klubs wollten mich unbedingt. Das spricht wohl für meine Qualitäten.
Standard: Ist Schalke auch nur ein Zwischenstopp auf einer langen Reise, oder ist es die Endstation?
Fuchs: Man muss sich die Grenze nach oben offenlassen. Aber ich bin doch auf eine gewisse Art angekommen. Sonst hätte ich nicht für vier Jahre unterschrieben. Mich interessiert jetzt ausschließlich Schalke. Irgendwann musst du Ruhe finden, sesshaft werden, das dauernde Übersiedeln abstellen. Sonst wirst du verrückt. Du brauchst deine eigenen vier Wände, einen Rückzugspunkt.
Standard: Schalke ist Kult. Wie ist der Gewöhnungsprozess gelaufen?
Fuchs: Gut. Zunächst bist du überwältigt vom Mythos, vom Flair, von den Dimensionen. Aber dann legst du die Ehrfurcht rasch ab. Denn auch hier geht es darum, gut Fußball zu spielen. Der Druck wird zur Normalität. Natürlich ist das Stadion toll, ein echter Tempel. Für mich ist es jetzt der Arbeitsplatz. Früher war es halt das Pappelstadion in Mattersburg.
Standard: Einer Ihrer Mitspieler ist der legendäre Raúl. Wie tickt er?
Fuchs: Ganz normal. Raúl ist locker, total entspannt, ein netter Mensch, der den Fußball liebt und Erfolg haben will. Auch ich habe mir vorgestellt, dass ich beim Anblick weiche Knie bekommen werde. Das war nicht der Fall, obwohl er schon eine Erscheinung ist. Dass er anders als der Rest ist, merkt man nur an der Zahl der Autogrammwünsche. Bei ihm stellen sich mehr Leute an als zum Beispiel beim Fuchs.
Standard: Wird man bei Schalke öffentlicher, gläserner?
Fuchs: Fan- und Medienarbeit sind wichtig, es gibt eine blau-weiße Nacht und andere Aktionen. Aber die Verantwortlichen wissen, dass die Profis auch Ruhe benötigen. Sie sollen sich auf den Fußball konzentrieren. Das gelingt, die Schutzschilder sind groß genug.
Standard: Schalke ist zwar Cupsieger, wurde in der Bundesliga aber nur 14. Ein idealer Zeitpunkt für einen Neuen. Weil schlechter kann es nicht werden, oder?
Fuchs: Ich glaube, dass der Zeitpunkt völlig egal ist. Du musst deine Leistung in der Gegenwart bringen. In der Vorbereitung dürfte es mir gelungen sein. Ich denke, dass ich am Samstag in Stuttgart und hoffentlich darüber hinaus der Stammformation angehöre. Zumindest deuten alle Indizien darauf hin.
Standard: Thomas Tuchel, Ihr Trainer bei Mainz, legte großen Wert auf System, Taktik, Ordnung. Ist Schalkes Coach Ralf Rangnick ähnlich gestrickt?
Fuchs: Ich halte nicht viel davon, Trainer zu vergleichen. Aber es gibt schon Parallelen. Rangnick legt ebenfalls großen Wert auf die Analyse. Man schaut sich seine eigenen Leistungen auf Video an. Die Bilder und seine Worte öffnen dir die Augen. Du kannst dann von dir selbst sehr viel lernen.
Standard: Themenwechsel. Am Mittwoch steht in Klagenfurt das freundschaftliche Länderspiel gegen die Slowakei an. Im Vorfeld richteten sich ÖFB-Präsident Leo Windtner und Teamchef Dietmar Constantini Unfreundlichkeiten aus. Der eine fordert bessere Ergebnisse und einen Blick über den Tellerrand hinaus, der andere spricht von Stillosigkeit. Die Tage von Constantini scheinen gezählt. Spätestens nach der verpassten EM-Qualifikation sollte Schluss sein. Was sagt der Kapitän dazu?
Fuchs: Nichts. Ich kann, will und darf nicht Partei sein. Die Ergebnisse müssten besser sein, es kann nie das Ziel sein zu verlieren. Auch wenn die Leistungen zuletzt gepasst haben. Im Team sind wir Angestellte des ÖFB, die die Vorgaben auf dem Platz erfüllen sollen und wollen. Der Test gegen die Slowakei ist wichtig und notwendig. Man sieht sich wieder und hat die Gelegenheit, Dinge zu verbessern, Automatismen zu üben.
Standard: Wie realistisch ist die Qualifikation für die WM 2014 in Brasilien? Der Gruppe gehören auch Deutschland, Irland und Schweden an, die sind höher als Österreich einzustufen.
Fuchs: Während einer laufenden Qualifikation soll man nicht groß über die nächste nachdenken. Ich will jedes Spiel gewinnen. Insofern schreibe ich die EM 2012 noch nicht ganz ab. Ein Sportler muss Optimist sein, an das Unmögliche glauben. Der Realist in mir weiß, es ist fast auszuschließen. Aber ich bin halt in erster Linie Optimist. Und wenn Sie einen Ausblick auf die WM 2014 haben wollen, antworte ich: Sinn einer Qualifikation ist, sich zu qualifizieren. Nur darum geht es. Auch für Österreich. Es ist möglich. (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe, 6./7. 8.2011)