Vilnius - Die Herausgabe von Konteninformationen des weißrussischen Bürgerrechtsaktiviesten Ales Beljazki an Minsk, die zu dessen Verhaftung wegen angeblicher Steuerhinterziehung führten haben schwerwiegende innenpolitische Konsequenzen in Litauen nach sich gezogen. Teile der Opposition verlangten am Freitag den Rücktritt von Außenminister Audronius Azubalis und von Justizminister Remigius Simasius. Der außenpolitische Ausschuss des Parlaments in Vilnius will sich kommenden Dienstag in einer Dringlichkeitssitzung mit dem Vorfall beschäftigen.

Ein Repräsentant der Populisten-Partei "Ordnung und Gerechtigkeit", Valentinas Mazuronis, warf den Ministern vor, über die Herausgabe der Konteninformationen Beljazkis informiert gewesen zu sein. Er sagte, die Rücktritte der beiden Minister seien notwendig, weil ansonsten die Glaubwürdigkeit Litauens im Zusammenhang mit seiner Kritik am Vorgehen der österreichischen Behörden im Fall des als Kriegsverbrecher bezeichneten, ehemaligen KGB-Kommandanten Michail Golowatow "gleich Null" sei.

Politische Dimension

Auch die Sozialdemokraten verlangten Konsequenzen. Die größte Oppositionspartei im Saeimas (Parlament) in Vilnius schrieb in einer Aussendung vom Freitag, die Verantwortlichen in den beiden zuständigen Ministerien müssten verstehen, dass die Angelegenheit nicht nur eine politische Dimension habe, weil durch die Herausgabe der Kontendaten die Festnahme eines Gegners von Weißrusslands Staatschef Alexander Lukaschenko ermöglicht wurde, sondern auch Fragen über das Bankwesen in Litauen aufwerfe.

Das Büro von Ministerpräsident Andrius Kubilius forderte Justiz- und Außenministerium auf, eine Erklärung über den Vorfall abzugeben und wer die jeweiligen Entscheidungen getroffen hat. Das Justizministerium hatte am Freitagnachmittag kurzfristig das Rechtshilfeabkommen mit Minsk außer Kraft gesetzt, nachdem die litauischen Medien von der offensichtlichen Panne Wind bekommen hatten.

Der stellvertretende Justizminister Tomas Vaitkevicius erklärte das Vorgehen seiner Beamten mit der Unkenntnis darüber, dass es sich bei der Anfrage aus Minsk um die Daten eines weißrussischen Oppositionellen handelte. Auf die Frage eines Journalisten, ob die Herausgabe der Informationen ein Fehler gewesen sei, antwortete der Vizeminister laut der Nachtichtenagentur BNS: "Das Justizministerium übt Kooperation aus, es ist nicht verantwortlich für internationale Politik".

Der Chef der weißrusisschen Menschenrechtsorganisation Wjasna war am Donnerstag wegen angeblicher Steuerhinterziehung festgenommen worden. Sowohl das EU-Parlament als auch der litauische OSZE-Vorsitz kritisierten die Festhamne Beljazkis als politisch motiviert und verlangten dessen sofortige Freilassung. (APA)