Kein Designer sage gerne "Nein" betont sich Richards in seinem Vortrag auf dem Desktop Summit zu betonten - manchmal ist es aber natürlich notwendig.

Foto: Andreas Proschofsky

Sucht man nach den großen, sich durch den Desktop Summit ziehenden Handlungsfäden, stößt man schnell auf Thema, das vorab wohl nur wenige an dieser Stelle vermutet hätten: Design und vor allem die Design-getriebene Entwicklung stehen im Zentrum einer ganzen Reihe von Vorträgen - und zunehmend auch dem Denken der einzelnen Projekte.

Respekt

So betonte denn auch Aaron Seigo vom KDE-Projekt im Rahmen einer Pressekonferenz, wie wichtig es sei, eine neue "Kultur des Respekts" gegenüber DesignerInnen zu etablieren und diese von Anfang an in den Entstehungsprozess von Desktop-Software einzubeziehen. Für "Plasma Active", einer eigenen User Experience für Tablets, Media Center und Co., setze man denn auch zum ersten Mal auf eine Design-getriebene Entwicklung, bei der vorab Interface-Entwürfe entstehen, die später in Rücksprache mit den EntwicklerInnen weiter verfeinert werden.

Shell

Zu dieser Forderung passt dann auch sehr gut, dass man sich für eine der Keynotes des Desktops Summits den bei Intel beschäftigten Nick Richards geholt hat, der dort schon für die User Experience der Netbook-Ausgabe von Moblin und MeeGo verantwortlich zeichnete, und mittlerweile auch rund um die GNOME Shell aktiv ist. Alles Projekte, bei denen die DesignerInnen von Anfang an eine zentrale Rolle gespielt haben.

Einfach, und doch kompliziert

Seine persönlich Herangehensweise an das Thema sei eigentlich einfach zusammenzufassen: Die NutzerInnen glücklich zu machen. Die entscheidende Frage sei nur, wie man dorthin komme. Denn bei gutem Design gehe es eben nicht darum, den Leuten einfach genau das zu geben, was sie einzeln an Wünschen formulieren, sondern dies zusammenzufassen, zu vereinfachen und für möglichst viele Leute nutzbar zu machen.

Zielgruppen

Bei der Entwicklung eines Projekts stelle sich zudem die Frage, auf wen man höre. Auf "Kernel Hacker?", leistet sich Richards einen kleinen Seitenhieb auf die Kritik von Linus Torvalds und anderen Entwicklern an GNOME3. "Oder doch auf Apple", spielt der Designer recht gezielt mit einem immer wieder geäußerten Vorwurf, dass sich der freie Desktop zu sehr an den Konzepten von Mac OS X orientiere.

Lernen von Apple

Klar sei jedenfalls, dass man von Apple einiges lernen können, kehrt Richards zum ernsteren Teil zurück. Denn was der iPhone-Hersteller perfektioniert habe, ist das Prinzip der praktisch endlosen Iterationen. Ein Design werde immer weiter perfektioniert, etwas das man beispielsweise im Vergleich von unterschiedlichen Mac-OS-X-Versionen gut zeigen könne.

Übernahme

Genau solche Prinzipien sollte man sich auch im Bereich freie Software zunehmend zu eigen mache. Das heiße aber auch, nicht immer wieder von Neuem zu beginnen. Eine Versuchung, der DesignerInnen nur all zu gerne erliegen würden, wie Richards eingesteht. Daraus resultieren aber zwar immer neue, aber eben nie wirklich fertige Konzepte - und davon habe schlussendlich niemand etwas.

Erweiterbar

Im konkreten Beispiel der GNOME Shell macht Richards dann noch Werbung für deren integriertes Erweiterungssystem: Dieses müsse man noch stärker in den Vordergrund stellen, sei es doch ein mächtiges Tool um mit neuen Ideen und alternativen Konzepten zu experimentieren. Was sich hier bewähre, könne später fix in die GNOME Shell wandern, ein ähnliches Modell, wie es sich ja auch rund um den Firefox als erfolgreich erwiesen habe.

Use Case

Zudem könne man so spezialisierte Use-Cases anbieten, die sonst nur schwer abzudecken wären. Von einem Erweiterungs-Bundle für Twitter-UserInnen bis zu einem für Kernel-Hacker... (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 08.08.11)