Am 9. August wird ein ORF-Generaldirektor für die bevorstehende Amtsperiode gewählt. Schenkt man der vorherrschenden Meinung der Medien Glauben, sind die Bewerber neben dem amtierenden Generaldirektor nicht ernst zu nehmen. Man kann deshalb davon ausgehen, dass Alexander Wrabetz wiedergewählt wird. Was bedeutet das für die Zukunft des ORF und der öffentlich-rechtlichen Medien in Österreich?

Wo bleibt die Innovation?

Alexander Wrabetz hat in einem Gastkommentar in TV-Media Nr. 31 zum Thema Rupert Murdoch und dem Skandal rund um News of the World behauptet, dass "...ohne den BBC-Fels in der Brandung Murdochs Macht noch größer, schlussendlich gar nicht mehr kontrollierbar ausgefallen wäre."

Mit diesem Argument rechtfertigt er die Existenz öffentlich-rechtlicher Medien als moralische Instanz und Gegengewicht zu den Privatmedien. Ob die österreichische Medienlandschaft mit der britischen vergleichbar ist, sei dahingestellt, aber im Grundsatz hat er Recht.

Im gleichen Kommentar vertritt er aber auch folgende Meinung: "Suchmaschinen wie Google, die mit Inhalten klassischer Medien ihr Geschäft betreiben, sind aber nicht nur keine Medien, sondern geradezu 'Anti-Medien'. Sie versuchen, den Zugang zu den Konsumenten zu monopolisieren und in Zukunft via Anwendungen à la Google-TV klassische Medien von deren Nutzen abzuschneiden. Die Sicherung der Rechte klassischer Medien, ob privat oder öffentlich-rechtlich, ist die entscheidende Auseinandersetzung um die Medienqualität der Zukunft."

Ganz klar lese ich aus diesem Statement heraus, dass Herr Wrabetz gegen Innovation und Veränderung ist. Was wäre passiert, hätte der Staat nach der Erfindung des Tonfilms die Stummfilmschauspieler geschützt und mit Gebühren der Mitbürger subventioniert? Der Stummfilm wäre trotzdem verschwunden, hätte aber eine teuer erkaufte Gnadenfrist erhalten.

Der ORF ist zu starr und zu sehr von der Politik beeinflusst, als dass er innovativ sein und sich verändern und neu erfinden könnte. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass es die technischen Möglichkeiten heute erlauben, sich unabhängig von Ort und Zeit Informationen zu beschaffen. Warum soll man bis 19.30 Uhr warten und zu sich nach Hause gehen, um ZIB zu schauen, wenn Nachrichten inklusive bewegter Bilder schon vorher über ein SmartPhone abrufbar sind? Es wäre also wünschenswert, dass sich der ORF der Google-TV Entwicklung nicht ver- sondern anschließt. Dies wäre ein Beitrag zur Verbreitung qualitativ hochwertiger Nachrichten durch die öffentlich-rechtlichen Medien.

Der Kulturauftrag des ORF wird nicht erfüllt

Ein enormes Manko sehe ich beim ORF auch in Bezug auf die Erfüllung des Kulturauftrags. Billige Kopien von weltweiten Unterhaltungsformaten à la Pop Idol (Starmania) oder in Lizenz produzierte Formate wie Strictly come Dancing (Dancing Stars) zeugen von der Schwäche des ORF, eigenes innovatives Programm zu entwickeln.

Fragwürdig ist auch, wenn wie z.B. mit Dominic Heinzl geschehen Moderatoren vom Privatsender abgeworben werden, um im ORF ähnliche, seichte Adabei-Selbstdarstellungs-Sendungen zu produzieren. Den Kulturauftrag erfüllt das sicher nicht. Die einzig positiv erwähnenswerte ORF-Eigenproduktion der letzten Jahre war meines Erachtens "Wir sind Kaiser".

Was die Zukunft bringen wird

Alexander Wrabetz fordert in seinem Bewerbungskonzept für seine Wiederwahl eine Ausdehnung der Werbezeiten sowie die Refundierung der Gebührenbefreiungen durch Steuern. Damit kann er seine überholten und antiquierten Ansichten zum Thema Medien schützen, da er sich durch die Gebührenfinanzierung dem Wettbewerb nicht so stellen muss wie das bei Privatsendern der Fall ist. Die Qualität des Programms erhöht das allerdings noch nicht.

Interessant wäre es zu beobachten, was mit dem ORF passieren würde, gäbe es eine ORF Opt-Out Möglichkeit, bei der man keine Gebühren zahlen müsste, dafür aber auch keinen ORF empfangen könnte.

Wie auch immer der neue Generaldirektor heißen wird, der ORF wird nur mit weniger politischem Einfluss, weniger österreichischer Freunderlwirtschaft und mehr Querdenkern an Innovationskraft gewinnen und sich neu erfinden können! Aber es wird gemäß dem österreichischen Motto "Was immer war, ist wahr!" sowieso alles beim Alten bleiben. (Leser-Kommentar, Roland Weilguny, derStandard.at, 8.8.2011)