Precious und der Frisör BK.

Foto:HBO

Sekretärin Grace vor ihren Schreibmaschinen.

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Kaffee oder Frappés in überdimensionalen Wegwerfbechern, Dating-Regeln, Thanksgiving oder Abschlussbälle. Mit diesen Kulturtechniken hat der/die hiesige TV-KonsumentIn so wenig am Hut wie umgekehrt US-Amerikanerinnen mit Achselhaaren. Dennoch fühlt sich niemand durch die manchmal suspekten Gebräuche des Exportlandes Nr.1 für populäre Film- und Serienware befremdet. Ganz im Gegenteil - sie schleichen sich mehr und mehr auch bei uns ein.

An diesen Kulturimperialismus auf dem Feld der Popkultur erinnert uns seit letzter Woche eine neue Serie, eine (also doch wieder) amerikanisch-britische Ko-Produktion der Sender HBO und BBC. "Eine Detektivin von Botswana" startete vergangenen Donnerstag die Ermittlungen in der Hauptstadt Gaborone. Ein völlig neuer Ermittlungsort für Kriminalfälle, für deren Lösung Precious Ramotswe (gespielt von der Soulsängerin Jill Scott) für sieben Folgen in die Bresche springt. Es gibt keine sterilen Labors, keine mit Autos verstopften Straßen, bisher auch keine Mord- oder Vergewaltigungsopfer. Stattdessen betrauen die ersten KundInnen der "No. 1 Ladies' Detective Agency", wie die Serie im Originaltitel heißt, die lauschig-gemütlich eingerichtete Detektei mit Fällen von möglicherweise untreuen Ehegatten oder betrügerischen älteren Herren, die sich als Väter ausgeben, um doch noch im Alter umsorgt zu werden. Aber auch den dunkleren Seiten ihres "wunderbaren Landes" muss Precious mit ihrem zur Genüge vorhandenen Mut entgegentreten. Mit Hilfe einer etwas zwanghaften Sekretärin, eines befreundeten, sie verehrenden Automechanikers und eines schwulen - no na - Frisörs gelingt ihr das natürlich.

Zugeständnisse an den Westen

Auch wenn es der Serie hoch anzurechnen ist, mit den dominanten Kulturtechniken und somit auch mit Sehgewohnheiten zu brechen, entsteht dennoch der Eindruck, dass uns Sympathie mit diesem neuem Fremden nur mit westlichen Zugeständnissen zugetraut wird. Das viele Lob der ProtagonistInnen für dieses "schönste Land auf Gottes Erden" wird unermüdlich mit einem zutiefst christlichen Vokabular serviert. Die nicht so schönen Seiten und Probleme von Botswana betreffen in der Serie Praktiken wie etwa "Schwarze Magie", die den emsigen MissionarInnen aus dem Westen ja schon immer ein Dorn im Auge waren. Muss Afrika mit Christentum verpackt werden, um für europäische und US-amerikanische SeherInnen verträglich zu sein?

Etwas schade ist auch, dass die Serie mit in Botswana anscheinend später angekommenen Klischees, wie einem schwulen Frisör oder mit überkommenen Arbeitsgeräten wie Schreibmaschinen - noch dazu ohne vollständige Tastaturen -, auf ein kolonialistisches Schmunzeln setzt.

Trotzdem eine Perle

Nichtsdestotrotz ist "Eine Detektivin für Botswana" eine neue Serien-Perle, die sich leider auf nur eine Staffel beschränkt. Das Besondere der Serie verdankt sich vor allem den DarstellerInnen und den weniger an Mord- und Totschlag orientierten und somit minder brutalen Fällen. Der bei romantischen Anbahnungen ungelenke Automechaniker JLB Matekoni (Lucian Msamati) und die allzu direkte und sozial völlig inkompetente Sekretärin Grace Makutsi (Anika Noni Rose) komplettieren das geniale Trio, an deren Spitze die strahlende Precious Ramotswe steht. Im Gegensatz zu den faden "Working Girls"-Schablonen, die geschäftig mit Starbucks-Kaffee in der Hand und Handy am Ohr durch die Straßen irgendeiner westlichen Metropole hetzen, geht sie ihr Business mit der gebotenen Ruhe an, trinkt erst mal in Ruhe eine Tasse Rotbusch-Tee und stellt sich einen Teller Süßigkeiten hin, von dem KlientInnen auch gerne was abbekommen. So fern sie den Weg in die "No. 1 Ladies' Detective Agency" finden. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 9. August, 2011)