Aus unserem Alltag sind sie nicht mehr wegzudenken: Mobilfunkgeräte, auf Neudenglisch Handys. Es ist die uns mobilisierende Mobilie schlechthin. Und ihr Platz ist am Ohr. Und wir sind am Drücker.

Es gehört dazu und wir hören zu, ob wir wollen oder nicht. Ob sich handyfreie Refugien halten können, ist zumindest zweifelhaft. Die Kapitulation vor dem Handy erscheint unumgänglich und allumfassend. Eltern kapitulieren vor ihren Kindern, Angestellte vor ihren Vorgesetzten. Kaffeehausbesucher, Straßenbahnbenutzer und Spaziergänger empfinden es inzwischen als normal, dass User überall sind.

An Handys gibt es vieles auszusetzen, mögliche Gefährdung der Gesundheit durch elektromagnetische Strahlung etwa. Es gibt auch einiges zu loben, aber das wird (neben grobem Unsinn) sowieso flächendeckend in Spots, Flyern und Broschüren beworben.

Nicht das Gerät ist das Problem, sondern das Gerät in seinem gesellschaftlichen Gefüge. Gegen den selektiven Gebrauch spricht nichts, gegen den allgemeinen Zwang alles.

Eines aber kommt in allen Betrachtungen zu kurz, nämlich die Kommerzialisierung der Gespräche. Der Prozentanteil an Kommunikation, der bezahlt werden muss, erhöht sich andauernd. Es wäre interessant zu erheben, wie viel Palaver inzwischen entgeltlich geworden ist. Wir zahlen jedenfalls für immer mehr Gespräche, die wir führen. Eine zwischengeschaltete Apparatur nimmt sie auf und kassiert nachher ab. Ohne dass wir es recht merken, wird das alles Teil eines großen Geschäfts. Einzeltelefonate werden zwar billiger, aber Dauer und Anzahl der Gespräche nehmen zu, somit steigen die Rechnungen.

Es sind auch keine fixen Gebühren mehr, die entrichtet werden, sondern frei flottierende Preise. Sie machen aus Gewohnheitsmenschen gehetzte Schnäppchenjäger, die das beste Angebot lukrieren wollen. Wer bequem ist, zahlt drauf. Tarife sind flexibel und ändern sich in immer rasanterem Tempo. Wir sind angehalten, permanent zu kalkulieren, wollen wir nicht finanziell abgestraft werden. Diese Aufwendungen mögen sich rechnen, aber sie kosten eine Menge Zeit, die man für Berechnungen braucht.

Interessant wäre also auch zu wissen, wie viel (unbezahlte) Lebenszeit wir an diversen Kalkulationen versitzen. Da denken wir oft zwei Stunden nach, um uns einen Stundenlohn zu ersparen. Bravissimo! So rechnet natürlich kein Betriebswirt, da die Zeit, die der Kunde diesbezüglich vernutzt, ihm nicht nur egal ist, sondern sogar als betriebsinterne Kosten zu externalisieren ist. Die Marktwirtschaft ist, was die frei disponible Zeit der Menschen angeht, eine Zeitraubmaschine sondergleichen. Noch nie waren wir so kostenintensiv beschäftigt wie jetzt. (Franz Schandl, DER STANDARD; Printausgabe, 9.8.2011)