Dortmund - Auf den ersten Blick scheint es paradox: Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und Xing wurden eigentlich für den privaten Gebrauch konzipiert, was sich in ihrer Nomenklatur ("Freunde" usw.) ausdrückt. Dennoch sind hier auch Unternehmen - inklusive dem unsrigen - vertreten. Das Interesse von Unternehmen liegt auf der Hand: Sie finden hier eine weitere Plattform, auf der sie ihre Produkte päsentieren können. Doch was bringt eigentlich Privatpersonen dazu, solche Angebote anzunehmen?

Eine Diplomandin der Technischen Universität Dortmund ist dieser Frage nachgegangen und fand eine Bandbreite an Motiven, die vom durchaus Emotionalen bis zu purem Pragmatismus reicht. "Social Media sind ein zentrales Marketinginstrument in der heutigen Medienlandschaft, deren Potenziale noch immer nicht vollständig erfasst ist", sagt Hartmut H. Holzmüller, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing der Dortmunder TU. "Die Arbeit hat sich intensiv mit den Motivationen der Kunden bezüglich der Nutzung von Social Media-Angeboten von Unternehmen beschäftigt. Sie hilft uns, die Kundenseite besser zu verstehen", kommentiert er die Ergebnisse seiner Diplomandin Sonja Willamowski.

Motive

Für ihre Arbeit hat Willamovski ausführliche Interviews mit zehn Facebook-Nutzern und fünf Händlern, deren Unternehmen bei Facebook aktiv sind, geführt. Zusätzlich wurden mehr als 250 Personen online befragt. Im Fokus der Befragung stand, warum Menschen "Freunde" eines Unternehmensprofils werden und was sie sich von den Unternehmensprofilen erhoffen. Mehr als drei Viertel der Teilnehmer der Online-Befragung gaben an, einem Unternehmen auf Facebook zu folgen, weil sie auf diesem Wege stetig über Neuigkeiten, wie zum Beispiel neue Produkte, informiert werden möchten.

Kaum weniger, nämlich 61 Prozent der Befragten, gehen über diese Nutzenorientierung jedoch auch hinaus. Sie wollen mit ihrem "Fan-Sein" die Marke unterstützen. 26 Prozent der Befragten ist der Austausch mit Gleichgesinnten wichtig, sei es über die Kommentare oder die "Gefällt-mir" Funktion. "Einige der Befragten haben über die Unternehmenswebseiten neue Freunde kennengelernt, einfach Menschen, die die gleichen Interessen hatten und die gleichen Dinge toll fanden", berichtet Willamowski.

Gewünschtes und Unerwünschtes

Hinsichtlich der Gestaltung der Unternehmensseiten erwarten die Facebook-Nutzer vor allem Übersichtlichkeit: Informationen über Produkte oder Aktionen sollen auf einen Blick zu finden sein. Ein Großteil der Befragten bezifferte die ideale Anzahl von Postings auf drei bis vier pro Woche. Bei einer höheren Frequenz würden sie die Mitteilungen des Unternehmens als Spam auffassen.
Und was wünschen sich Facebook-Nutzer von Unternehmensseiten? In erster Linie wird nach Informationen gesucht, etwa über aktuelle Entwicklungen, Produktneuigkeiten und Aktionen. Zudem wünschen sich viele, dass die Seite ihre Fans direkt anspricht, etwa mit exklusiven Facebook-Aktionen oder Berichten.

Trotz des klar kommerziellen Hintergrunds der Unternehmensprofile bei Facebook sind sich die meisten Nutzer darin einig, dass der direkte Verkauf und zu offensichtliche Werbung nicht zu Facebook passen. "Für viele steht das Verkaufen im direkten Widerspruch zu dem eigentlichen Sinn von Facebook - Kommunikation und das freie Teilen von Informationen", so Willamowski. Zudem gab es auch Bedenken über die Zahlungssicherheit, vor allem vor dem Hintergrund des schlechten Images von Facebook in Bezug auf Datenschutz.

Besonders bei den Interviews zeigte sich, dass die Nutzer Social Media- Plattformen als reinen sozialen Freizeitbereich betrachten, in dem sie keine "kommerziellen Störungen" wünschen. Die Unternehmen, von denen sie Fan werden, zählen sie somit zu ihrer sozialen Lebenswelt. (red)