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Foto: APA/Neubauer

Wien - Die Verhandlungen mit den Banken sind weit gediehen, noch fehlt die Unterschrift: Großbäcker Ankerbrot denkt schon lang nicht mehr an den Bau einer neuen Brotfabrik. Das Unternehmen will seine in den 1920er-Jahren in Wien-Favoriten erbaute Produktion zurückkaufen. Diese gehört seit 2003 einem Konsortium aus Bank Austria, RZB, Oberbank, Erste und Bawag. Ankerbrot steckte damals in finanziellen Nöten, im Zuge eines Ausgleichs verzichteten die Institute auf ein Drittel der Forderungen von insgesamt rund 35 Millionen Euro und übernahmen die an sie verpfändete Brötchenfabrik.

Schon im Vorjahr hätte der Kauf unter Dach und Fach sein sollen. Ohne die Einigung sei die weitere Entwicklung von Anker ungewiss, verlautete man in der jüngsten Bilanz. Zumal Ankerbrot trotz 2008 ausgelaufenen Pachtvertrags und zwei Räumungsklagen weiter beträchtlich in die durchwegs veralteten Anlagen investierte. 20 Millionen Euro waren es alles in allem, rechnet Peter Ostendorf, Eigentümer und Konzernchef, vor.

Eine neue Fabrik auf der grünen Wiese würde den Backriesen jedoch mindestens 40 bis 50 Millionen Euro kosten. Gut 27 Millionen Euro musste schon der Mitbewerber Kurt Mann vor Jahren in seine neue Fertigung stecken. Anker benötigt freilich noch größere industrielle Anlagen. Eine Modernisierung des bestehenden Standortes kommt in jedem Fall günstiger.

Einer der Stolpersteine für den Rückkauf sind Interessenkonflikte mit den neuen Mietern und Eigentümern rundum. Die angrenzenden Immobilien werden aktuell entwickelt, Lofts entstehen - teils mit der Zusicherung, künftig keinen Industriebetrieb als Nachbarn zu haben, ist zu hören. Bleibe Anker, sei das nicht im Sinne der Anrainer und Stadtentwicklung, tönt es aus Favoriten. Anker wiederum bangt, dass das Areal irgendwann vom Gewerbe- in ein Wohngebiet umgewidmet wird.

Ostendorf selbst gibt sich zum Thema Standort seit vielen Jahren verschlossen. Nur so viel: Er wolle in der Absberggasse bleiben, und er sei zuversichtlich, heuer eine entsprechende Lösung zu finden.

Anfragen für Förderungen von der Wirtschaftsagentur Wien liegen derzeit keine vor. Im Vorjahr erhielt Anker 112.000 Euro.

Teure Logistik

Neue Strategien gibt es auch an anderer Front. Ankerbrot will den Lebensmittelhandel (er stellt nach eigener Angabe die Hälfte des Umsatzes) dem Vernehmen nach nur noch an drei Tagen die Woche beliefern. Ziel ist, die enormen Logistikkosten zu reduzieren. Umgestellt werden soll der Vertrieb ab September. Die Supermärkte sind darüber wenig erfreut und suchen teils intensiv nach Alternativen.

Aufgrund des wachsenden Kostendrucks zogen sich vor Jahren bereits andere Großbäcker wie Ruetz und Ring aus dem Geschäft mit den Handelsketten zurück.

Ankerbrot beschäftigt 1800 Mitarbeiter, die Hälfte in 160 eigenen Filialen. Ostendorf beziffert ihren Vorjahresumsatz mit 137 Millionen Euro, er sei annähernd stabil. Verluste mache Ankerbrot keine mehr. Die Aktiengesellschaft allein wies 2009 ein Ergebnis von 0,9 Millionen Euro aus, sowie ein leicht negatives Eigenkapital.

Neue Filialen am Hauptmarkt in Wien plant Ostendorf keine, dafür den Abtausch schwächerer Standorte gegen gute. Im Zuge des 120-Jahr-Jubiläums verordnet sich Anker ein Facelifting: erweitertes Sortiment, ein überarbeitetes Ladenkonzept, verändertes Logo. Das Geschäft mit Snacks und Kaffee werde immer wichtiger - nur wenige Wiener in Singlehaushalten frühstückten mehr daheim.

Außerhalb Wiens sieht Ostendorf noch Platz für 30 bis 40 neue Filialen. In der Slowakei will er mit Franchise-Partnern expandieren. Derzeit sei ein zweiter und dritter Shop in Bratislava geplant.

Höhere Preise

Virulent bleibt der Einkauf von Rohstoffen. Die Getreidepreise haben sich derzeit zwar entspannt. Der Markt lasse sich trotzdem nur sehr schwer einschätzen, sagt Ostendorf. Anker habe die Preise vergangenen Herbst in den Filialen um knapp fünf Prozent erhöht. Setzte sich die aktuelle Marktentwicklung fort, sehe er sich heuer für eine weitere Anpassung nach oben im niedrigen einstelligen Bereich gezwungen. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Printausgabe, 11.8.2011)