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Foto: APA/EPA/Martinez

"Ich will die Mutter, die Ehefrau des Volkes sein", verkündete Sandra Torres, als sie sich im April von ihrem Gatten, dem Präsidenten Guatemalas, Álvaro Colom, scheiden ließ. Ihr "persönliches Opfer für das Wohl Guatemalas" im Stile ihres Vorbilds Evita Perón hatte allerdings einen profanen Hintergrund: Verwandte und Ehegatten des amtierenden Staatschefs dürfen laut Verfassung nicht für die Präsidentschaft kandidieren.

Zielstrebig war das vierte von fünf Kindern einflussreicher Unternehmer und Politiker aus dem "wilden Norden" Guatemalas schon immer. Aufgewachsen ist die heute 55-Jährige im Petén, dem ehemals von den Mayas bevölkerten Dschungel, den die Militärdiktatur in den 1960er-Jahren mit Sympathisanten besiedelte. Zeitweilig lebte die Familie in Belize, vormals Britisch-Honduras, weshalb Torres fließend Englisch spricht. Ungewöhnlich für die Zeit war auch Torres' Mutter, eine sehr emanzipierte Frau, die es bis zur Bürgermeisterin brachte.

Als Studentin der Kommunikationswissenschaft an der Staatlichen Universität in Guatemala-Stadt sympathisierte Torres mit der linken Guerilla. Ihr erster Mann war Anthropologe, man sagt ihr auch amouröse Verbindungen zu einem Guerillero nach.

Nach dem Bürgerkrieg wurde Torres in der Politik aktiv, sie diente in den 1990er-Jahren in der Nationalen Einheit der Hoffnung (UNE), baute dort das Frauenreferat auf und lernte ihren zweiten Mann, Álvaro Colom, kennen. 2003 heirateten die beiden. Torres hat vier Kinder aus erster Ehe, Colom drei aus zwei vorangegangenen Ehen.

Für den Wahlsieg ihres Mannes 2007 war Insidern zufolge die von Torres gut strukturierte Basisarbeit der UNE ausschlaggebend.

Schon seit jeher fürchten ihre Mitarbeiter sie als aufbrausend, launisch und herrschsüchtig. Das setzte sich fort, als sie an der Seite ihres Mannes die Sozialpolitik übernahm. Ihr Etat war höher als der der meisten Ministerien, ihre Macht größer als die ihres Mannes, den Karikaturisten gerne als Pantoffelhelden darstellten. Mit Sozialhilfeprogrammen baute Torres systematisch die Unterstützerbasis der Regierungspartei UNE aus. Die Opposition sprach von purem Populismus. Schatten auf das Paar Torres/Colom warfen immer wieder Enthüllungen über Verbindungen der UNE zum Drogenhandel.

Den Todesstoß verlieh Sandra Torres' Ambitionen jetzt das Verfassungsgericht, das ihre Kandidatur für verfassungswidrig erklärte.(Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 11.8.2011)