Salzburg - Mit einem neuen Gutachten zur Seilbahnkatastrophe von Kaprun ließ der Anwalt Ed Fagan aufhorchen, der in den USA um Schadenersatz für die Hinterbliebenen kämpft. Die Expertise, die er bei Gericht in New York eingereicht habe, besagt, dass für die rasche Ausbreitung des Feuers 180 Leuchtstäbe im Führerstand schuld gewesen seien. Außerdem habe es durch einen Kurzschluss in einem nicht isolierten Hochspannungskabel im Tunnel einen zweiten Brandherd gegeben.

Der Privatgutachter habe die Unterlagen der Gletscherbahn Kaprun gesichtet. Das Gutachten beziehe sich nicht auf die Brandursache, sondern darauf, wie das Feuer zur Falle für die Insassen der Seilbahn wurden, so Fagan. Ursache für die rasche Ausbreitung des Feuers könnten theoretisch das Hydrauliköl oder eben die Leuchtstäbe gewesen sei. Die Leuchtstäbe seien mit einer alkoholähnlichen Flüssigkeit gefüllt gewesen, die "höchst explosiv ist", so Fagan bei einem Pressegespräch in Salzburg. "Werfen Sie ein Streichholz auf Öl und auf Alkohol und Sie werden sehen, dass der Alkohol viel gefährlicher ist." Konkret handle es sich um Wasserstoffperoxid, "das ist sehr, sehr brennbar". Hersteller der Leuchtstäbe sei die Firma Omniglow, die Klage gegen das Unternehmen sei in New York bereits zugelassen.

Gutachten: Zweiter Brandherd

Außerdem habe es nach Angaben seines Gutachters auch einen zweiten Brandherd gegeben. Im Stollen seien Elektroleitungen mit Hochspannung gewesen, die keine Isolierung hatten, so Fagan. Nachdem das Feuer im Führerstand ausgebrochen sei, habe es in diesem Kabel einen Kurzschluss gegeben und es habe ebenfalls zu brennen begonnen. Dieses Kabel habe die VA Tech Elin verlegt, weshalb nun auch dieses Unternehmen geklagt werde, kündigte der Anwalt an. Ein Überlebender habe geschildert, dass ein Kabel gebrannt habe.

Am 23. Juni wird Fagan bei der nächsten Verhandlung im Kaprun-Strafprozess in Salzburg anregen, dass man auch hier dieses Gutachten berücksichtige und überprüfe. Sollte das Gericht sich nicht dafür interessieren, "dann geht es in Österreich wirklich nicht um die Wahrheit". Er werde dann aber die Ansprüche an die Gletscherbahnen Kaprun und die Republik einfordern.

Anwalt: Erster Prozess um Schadenersatz noch heuer

Für die Prozesse in den USA habe Richterin Shira Scheindlin vom Bezirksgericht New York Süd nun einen Zeitplan erstellt, berichtete Fagan bei dem Pressegespräch in Salzburg weiter. Bis spätestens Ende August, Mitte September werde sie entscheiden, ob alle Hinterblieben aus den verschiedenen Ländern als "Klasse" zugelassen werden, wodurch sie in einer Sammelklage um Schadenersatz kämpfen könnten.

Der erste Prozess werde gegen den Leuchtstäbe-Hersteller Omniglow geführt, laut Fagan wird er gegen Jahresende beginnen. Im zweiten Prozess werden die Siemens AG (Deutschland) und die Siemens Corporation (USA) geklagt (von Siemens Österreich kommt die Elektrik im Zug, Anm.). Prozess Nummer drei gehe gegen Bosch Rexroth AG (Deutschland) und Bosch Rexroth Corporation (USA) (Bosch war für die Hydraulik zuständig), Prozess vier betreffe dann die VA Tech Elin wegen der Elektroleitung im Stollen. (Anm.: Über die die VA Tech Elin hat die Richterin aber noch nicht entschieden, ob es eine Zuständigkeit des Gerichts gibt.)

Neue Klage an Siemens

Nachdem Richterin Scheindlin eine Klage gegen Siemens Österreich abgewiesen hat, weil keine Geschäftsbeziehungen des Unternehmens in New York nachgewiesen werden konnten, wird Fagan diese Woche Klage in Kalifornien einreichen. Die Klage werde er morgen, Montag, um 10.00 Uhr in Wien an Siemens überreichen. Dort habe er jetzt eindeutige Geschäftsbeziehungen entdeckt. Die abgewiesene Klage gegen Beton- und Monierbau wird in Massachusetts neu eingereicht.

Neben Omniglow, Siemens und Bosch hat laut Fagan das Bezirksgericht New York auch eine Klage gegen Unternehmen von Wagner-Biro Binder zugelassen. Wegen Unzuständigkeit abgelehnt wurden Klagen gegen die Österreichische Elektrizitätswirtschafts-AG, Siemens Österreich, den Verbund, die Austrian Hydro Power, die Beton- und Monierbau sowie Thyssen Schachtbau. Freiwillig zurückgezogen hat Fagan mit seinen Partnern die Klagen gegen Swoboda, den TÜV und Intersport Austria. Noch nicht entschieden sind die Klagen gegen die Gletscherbahn Kaprun AG und die VA Tech Elin. (APA)